Hochwildehaus in den Ötztaler Alpen mit Baugerüst
Seit 2016 geschlossen: das Hochwildehaus (2885m) in den Ötztaler Alpen. Durch tauenden Permafrost unter der einen Hälfte der Hütte sackt die Giebelwand ab. Darüber hinaus ist die Quelle versiegt und daher keine Trinkwasserversorgung mehr möglich. Foto: DAV/Robert Kolbitsch
Klimawandelfolgen für Hütten und Wege

Neue Einfachheit

Weil’s schwieriger wird, wird’s künftig einfacher: Was auf den ersten Blick paradox klingt, könnte in den hochalpinen Arbeitsgebieten des Alpenvereins ein zukunftsweisender Ansatz sein, den Problemen infolge des Klimawandels zu begegnen.

Steinschläge, Starkregen mit Murenabgängen, Gletscherrückgang und Wassermangel: Vielen Alpenvereinshütten und -wegen geht das im wahrsten Sinne an die Substanz. Starke Regenfälle greifen die Hüttenfundamente an, andererseits wird durch Schneemangel im Winter und lange Trockenperioden im Sommer das Wasser knapp. Dachwasser sammeln, größere Rohwasserspeicher, Spararmaturen und der Appell zum Wassersparen sind erste kleinere Schritte. Darüber hinaus müssen wir Vorsorge treffen, indem wir zum Beispiel Trockentoiletten einbauen – Wasserspülungen haben einen immensen Trinkwasserverbrauch – oder auch Duschen abschaffen. Ist das Wasser knapp, funktionieren Kleinwasserkraftwerke zur Stromgewinnung nur eingeschränkt und wir haben damit auf Hütten auch ein Energieversorgungsproblem. Folgen können weniger Gerichte auf den Speisekarten sein oder dass Gäste ihre Handys nicht mehr so selbstverständlich aufladen können.

Zustieg zur Geraer Hütte (2324 m, Zillertaler Alpen): Durch Murenabgänge 2018 und 2020 wurde er weggerissen, auch die Talstation der Materialseilbahn war gefährdet. Die Sektion Landshut muss den Weg verlegen. Foto: DAV Landshut
Es bedarf großer Anstrengungen, unser alpines Hütten- und Wegenetz anzupassen. Der Wassermangel auf Hütten wird deren Betrieb verändern, wie auch manche Hochgebirgssteige durch tauenden Permafrost unbegehbar werden.
- Roland Stierle, DAV-Präsident

Auch beim Wegenetz wird sich einiges ändern, bereits in den letzten Jahren haben die Schäden deutlich zugenommen: Wege verlegen oder auflassen, kann die Frage lauten, wenn der Wartungsaufwand zu hoch wird. Eine weitere Folge könnte die Umwandlung von Wegen in alpine Routen sein, diese werden dann weder gepflegt noch markiert. Dadurch werden Zustiege entsprechend schwieriger und die Eigenverantwortung wichtiger. Möglicherweise müssen manche Hütten geschlossen oder zurückgebaut werden, weil es kein Wasser mehr gibt oder die Gebiete zu steinschlaggefährdet sind. Auf der anderen Seite gibt es vielleicht geeignete Standorte, an denen wir über Hüttenerweiterungen nachdenken könnten, damit die vielen Menschen, die es in die Berge zieht, auch unterkommen.

Klimaneutraler DAV bis 2030: Das bedeutet ohnehin, dass wir unsere Emissionen stark reduzieren und sämtliche Maßnahmen äußerst ressourcen- und klimaschonend umsetzen müssen. Auf längere Sicht werden viele Hütten einfacher – einfacher gebaut und einfacher betrieben! Unterm Strich gilt es dann, nicht nur das eigene Verhalten, sondern vor allem die Erwartungshaltung zu ändern. Wobei ein solcher Perspektivenwechsel ganz neue, positive Bergerlebnisse mit sich bringen kann!