Bergwald vor Bergkulisse
Bergwald im Wandel: Nadelbäume werden weniger, Laubbäume wie Buche und Ahorn werden verstärkt auftreten und auch in höhere Lagen vordringen. Foto: Rupert Seidl
Klimawandel und Bergwald

Was "blüht" uns da?

Rupert Seidl, Professor für Ökosystemdynamik und Waldmanagement an der TU München und Leiter des Sachgebiets Forschung und Monitoring im Nationalpark Berchtesgaden, beantwortet vier Fragen zum Bergwald in Zeiten des Klimawandels.

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Klimawandel – was bedeutet das für den Bergwald?

Prof. Rupert Seidl Rupert Seidl

Bergökosysteme reagieren besonders sensitiv auf Temperaturänderungen. Wir beobachten aktuell ein beschleunigtes Wachstum der Bäume, gleichzeitig sterben aber auch vermehrt Bäume ab. Es ist davon auszugehen, dass die natürliche Dominanz der Nadelbaumarten abnehmen wird, Laubbäume wie Buche und Ahorn werden dagegen verstärkt auftreten und auch in höhere Lagen vordringen. Durch klimatische Extreme werden außerdem größere Öffnungen im Kronendach des Waldes entstehen, etwa durch Sturm, Dürre oder auch Borkenkäfer, für die artenarme Fichtenwälder ein gefundenes Fressen sind. Simulationen zur zukünftigen Waldentwicklung zeigen, dass Störungen durch Borkenkäfer im deutschen Alpenraum in den nächsten Jahrzehnten um das Drei- bis Vierfache ansteigen könnten.

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Warum ist ein intakter Bergwald so wichtig?

Prof. Rupert Seidl Rupert Seidl

Ein intakter Bergwald schützt menschliche Infrastruktur im Gebirge vor Naturgefahren wie Lawinen, Steinschlag und Erdrutschen. Diese Funktion erfüllt er vor allem dann gut, wenn die Öffnungen im Kronendach klein sind und ein Gebiet gut mit Wald ausgestattet ist. Gerade der deutsche Alpenraum ist außerdem ein Hotspot der Artenvielfalt, hier kommen besonders viele Arten vor, die es sonst nirgendwo gibt. Der Klimawandel wird diese Artengemeinschaften sehr stark verändern. Ein intakter Bergwald kann einen Teil dieser Veränderungen abpuffern, ein Ansteigen der Waldgrenze könnte aber auch alpine Arten verdrängen. Generell wird sich die Kulisse Bergwald in den nächsten Jahren und Jahrzehnten deutlich verändern.

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Welche Schäden entstehen durch einen „geschwächten“ Bergwald?

Prof. Rupert Seidl Rupert Seidl

Für Wildbach-Einzugsgebiete in den Alpen konnten wir zeigen, dass sich bei häufigerer Öffnung des Kronendaches durch die genannten Faktoren die Wahrscheinlichkeit eines Hochwasserereignisses verdreifacht. Und die Wahrscheinlichkeit von Muren steigt exponentiell mit der gestörten Fläche im Einzugsgebiet an – das kann zu mehr Schäden an Wegen führen. Langfristig könnte eine Verschiebung der Baumartenzusammensetzung weg von der flach wurzelnden Fichte allerdings zu einer Erhöhung der Bodenstabilität führen.

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Was können wir tun?

Prof. Rupert Seidl Rupert Seidl

Den eigenen ökologischen Fußabdruck verringern. Reduzieren wir unsere Emissionen rasch und drastisch und schaffen eine Wende hin zu einer CO2-neutralen Welt, lassen sich viele negative Auswirkungen auf den Bergwald noch aufhalten. Und wir sollten am Berg unbedingt Wald-Wild-Schongebiete beachten! Dadurch erhalten Populationen, die durch den Klimawandel schon stark unter Druck sind, die Möglichkeit, sich an die geänderten Bedingungen anzupassen.

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