Warum wurde das Projekt gestartet?

Im DAV bewegt sich viel, um Inklusion und Integration voranzubringen, um Bergsport allen zugänglich zu machen, bzw. um niemanden von den Aktivitäten des Alpenvereins auszuschließen. Die Bundesgeschäftsstelle will mit Pilotprojekten beispielhaft zeigen, was alles möglich ist, wenn eine inklusive Gruppe gemeinsam eine Tour plant und sich alle gegenseitig unterstützen.

So ermöglichen wir Menschen mit und ohne Einschränkungen spannende und anspruchsvolle gemeinsame Projekte. Die Touren sollen Mut machen, damit sich Sektionen oder Gruppen trauen, auch ähnliche Projekte zu starten und durchzuführen: weil es machbar ist!
Was nehmt ihr als Wichtigstes mit aus Projekten?

Es geht!! Inklusive Projekte mit großem Abenteuercharakter sind möglich. Es gibt Probleme wie in allen anderen Gruppen auch, aber die Stimmung ist generell sehr motiviert, rücksichtsvoll und weniger auf „schneller, höher, weiter“ fixiert. Das ist sehr schön. Ansonsten war es super als Leitungsteam so gut zusammenzuarbeiten. Danke Sascha!

Herzlichen Dank zurück! Ich glaube, so ein vertrauensvolles Miteinander ist gerade bei diesem Projekt sehr wichtig. Das braucht es auch für diese Stimmung, die du beschreibst. Auch im Bergsport gibt es viele Barrieren ja erstmal in unseren Köpfen. Aber wenn statt äußerer Normen die besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten der Teilnehmer*innen das Maß der Dinge sind, kann das eine Menge Power geben. Dann entsteht für die Gruppe eine andere, eine selbstbestimmte Normalität, die Mut macht, sich etwas zuzutrauen. Die Kategorien „mit Behinderung“ oder „gesund“ sagen im Übrigen sehr wenig darüber, welchen Beitrag eine Person zum Gelingen einer Tour beitragen kann.
Zur Reportage: Inklusive Trekkingtour Peaks of the Balkans

„Peaks of the Balkans“
Abenteuer inklusiv
Im Dreiländereck Albanien-Montenegro-Kosovo hat eine inklusive Trekking-Gruppe gemeinsam Grenzen überwunden.
Was hat euch dazu motiviert?

Etliche Menschen werden vom Bergerlebnis ausgeschlossen, eine Ungerechtigkeit die ich nicht akzeptieren will. Es gibt leider auch in den Bergen Rassismus und Homophobie und oft geht es auch um einen verbissenen Leistungsbegriff, der Personen mit Behinderung ausschließt. Als Trainer von inklusiven Klettergruppen habe ich erlebt, wie es besser gehen kann. Da liegt es nahe, den Abbau von Barrieren und Ausschluss nicht nur im Tal zu fördern, sondern auch bei Touren in den Bergen.

Andere Erfahrungen mit inklusiven Gruppen. Die Freude über den gemeinsamen Erfolg und die leuchtenden Augen der TN motivieren mich in inklusiven Gruppen total.
Bringt es einem selbst was? Macht es Spaß?

Ich habe selber schöne Erlebnisse und Abenteuer auf den Touren gehabt. Ich bin auch herausgefordert gewesen, wenn eventuell auch anders als die Teilnehmer*innen. Neue Erfahrungen und Kompetenzen in der Leitung von inklusiven Gruppen habe ich auf jeden Fall erworben.

Einerseits ist es unglaublich schön miterleben zu dürfen, wie Menschen entdecken, was alles in ihnen steckt, was sie sich trotz „Behinderung“ oder Krankheit zutrauen dürfen, wenn eine ent-hindernde Umgebung das möglich macht. Zum anderen habe ich selbst viel darüber nachgedacht, woher meine Vorstellung von Normalität kommt oder meine Bewertung von bergsteigerischen Leistungen. Die Projekte helfen mir, Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen, im Kopf ergibt das mehr Spielraum, sich die Welt anders und besser vorzustellen.
Wo wart ihr besonders gefordert / was hat euch am meisten herausgefordert?

Leitung und Orga unter Coronabedingungen waren ziemlich anspruchsvoll. Alles war ständig unsicher und musste immer wieder neu angepasst und organisiert werden. Wir wollten möglichst viele subjektive Abenteuer erlauben bei möglichst wenig objektiven Gefahren. Das war manchmal schwierig und grenzwertig. Es braucht viel Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Intuition zu entscheiden, was wirklich nicht möglich ist.

Das ging mir auch so, die Verantwortung bezüglich Risikomanagement und Sicherheits-Standards ist bei dieser Art Tour eine besondere Herausforderung. Und ich fand es manchmal knifflig, wenn es ganz unterschiedliche Vorstellungen gab, was „Inklusion“ konkret bedeuten soll. Wir sind alle daran gewöhnt, dass unsere Gesellschaft bestimmte Personen als „normal“ definiert und andere nicht. Sich davon zu befreien ist eine langwierige Aufgabe.
Wurden deine Erwartungen erfüllt? Welche ja, welche nein?

Meine Erwartung, dass es für uns alle ganz besonders eindrückliche Erlebnisse werden, hat sich vollauf erfüllt. Wir haben etwas Neues entwickelt und gezeigt dass das was viele nicht für möglich gehalten hätten, eben doch möglich ist - und eigentlich ganz „normal“ sein sollte.

Meine Erwartungen wurden fast alle erfüllt. Wir haben unsere beiden Projekte verletzungsfrei und mit viel Lob abgeschlossen. Alle hatten sehr schöne Erlebnisse. Die Erwartungen, die nicht erfüllt wurden, haben alle mit den für mich teilweise unverständlichen persönlichen Reaktionen einzelner Menschen zu tun.
Was war ganz anders als gedacht?

Corona hat natürlich einiges durcheinandergewirbelt. Da war manches anders. Ansonsten war der Balkan wesentlich weniger gefährlich/unerschlossen/mühsam als erwartet oder befürchtet. Das lag sicherlich auch an unserer albanischen Agentur und unserem kompetenten einheimischen Begleiter mit denen wir gemeinsam geplant haben und unterwegs waren. Während der Transalp hatten wir einen Kaltfrontdurchzug mit Schnee. Das war auch anders als gedacht: Die Strecke war viel anspruchsvoller und kälter als geplant. Ziemlich spannend.

Ich hätte nicht gedacht, dass die Aufteilung in Personen mit und ohne Behinderung so weit in den Hintergrund treten könnte. Es kann außerordentlich gut funktionieren, dass einfach unterschiedliche Personen miteinander unterwegs sind und nicht etwa Menschen mit Behinderung zusammen mit Nicht-Behinderten, die sie unterstützen. So denke ich, sollte sich „Inklusion“ anfühlen.
Habt ihr denn auch Spaß gehabt?

Unbedingt. Wir lachen viel mit den Teilnehmer*innen und auch in unserer Arbeit miteinander geht es nicht unnötig ernst zu. Vor allem haben mir aber die Touren, die wir gemeinsam machen konnten, unheimlich viel Spaß gemacht, dass das so gut geklappt hat, gemeinsam unterwegs zu sein.

Ja!!!!! Da gibt es unzählige Situationen, die mir einfallen, in denen wir jede Menge Spaß hatten. Ich werde nie die Diskussionen und Bemerkungen zum Graben und Benutzen des selbstgegrabenen Toilettenlochs beim Zelten im Balkan vergessen. Und den anschließenden Lachmuskelkater.