Menschen gehen mit Splitboards verschneiten Berg rauf
Auf dem Eiskarjoch erwarten uns eine grandiose Aussicht und optimale Schneeverhältnisse. Foto: DAV Summit Club/Lisa Brinkmann
Winterfreuden in den Tuxer Alpen

Vom Snow- aufs Splitboard

Mit inzwischen über fünfzehn Jahren Snowboarderfahrung stehe ich nun zum ersten Mal auf dem Splitboard. Eigentlich verwunderlich, dass das so lange gedauert hat, habe ich doch schon länger die Nase voll von überfüllten Liften und träume vom Freiheitsgefühl und der Nähe zur Natur abseits der Skigebiete.

Und so treffe ich mich an einem Vormittag im Winter mit Guide Markus und gemeinsam fahren wir mit vielen Splitboards im Gepäck in Richtung Wattens. Eine niederschlagsarme Zeit liegt hinter uns, umso aufgeregter bin ich, dass ich bald die ersten Schwünge auf einer leichten Tiefschneedecke machen werde. Kurz vor unserem Ausflug kommt er nämlich: der lang ersehnte Schneefall.

Nach einem kurzem Treffen mit den anderen Teilnehmenden am Hotel Goldener Adler fahren wir zum Parkplatz Walchen und weiter per Taxitransfer direkt vor die Lizumer Hütte. Der erste halbe Tag dient dem Ankommen, Ausrüstungscheck, einander Kennenlernen, Erwartungen äußern und zur Programmbesprechung. Ziemlich schnell merke ich, was ich hier für eine tolle Hütte erwischt habe. Ich fühle mich gleich heimisch. Das Team ist freundlich und das Essen so erstklassig, wie ich es bisher auf keiner anderen Hütte erlebt habe.

Nach den anstrengenden Touren schmeckt das Essen auf der Lizumer Hütte doppelt gut. Foto: DAV Summit Club/Lisa Brinkmann

Feuer und Flamme für Spitzkehren

Der zweite Tag bricht an und die Hütte leert sich. Die Winterlandschaft des oberen Wattentals mit Splitboard unter den Füßen erleben – ich denke ich hatte schon schlimmere Montage. Ein ausführliches LVS-Training und einen täglichen LVS-Gruppencheck später gleite ich zum ersten Mal den Berg hinauf und merke schnell den großen Unterschied zum Aufstieg mit Schneeschuhen. Es braucht nicht lange und ich bin Feuer und Flamme. Die ersten Spitzkehren sind noch holprig und auch das Wetter mit stürmischen Böen ist zu Beginn nicht gerade einladend. Irgendwie ist das da draußen aber nicht wichtig, weil man die richtigen Klamotten trägt und einfach in der Natur unterwegs ist – ohne andere Menschen weit und breit. Die erste kleine Tour am Schotteben liegt hinter uns. Für das leibliche Wohl wird auf der Hütte gesorgt, bevor wir frisch gestärkt zu unserer zweiten Tour zum Roßkopf aufbrechen. Ist das Traversieren mit Snowboardboots noch schwierig, stellt sich die Spitz- und Kickkehre nach einigen Versuchen nicht mehr als Hexenwerk heraus und der Aufstieg, der zugegeben rund 95 Prozent solcher Touren ausmacht, wird zum ganz eigenen Genuss. Der Schnee ist perfekt, das Wetter zwar ausbaufähig, aber der nächste Tag mit einer längeren Tour zur Torspitze lässt auf noch bessere Verhältnisse hoffen.

Die Tour zur Torspitze ist ganz nach meinen Geschmack: Mit nicht enden wollendem Bergpanorama, unberührtem Schnee im Auf- und Abstieg und wieder einmal wenig anderen Menschen fühle ich mich, als hätte ich eine ganz neue Leidenschaft entdeckt. Die Vorstellung, einen Lift zu nutzen, kommt mir hier nicht einmal in den Sinn. Verzaubert von der Schönheit der Natur sind auch die 800 Höhenmeter im Handumdrehen geschafft, sie sind vielmehr ein reiner Genuss. Die Abfahrt bei strahlendem Sonnenschein weiß man einfach viel mehr zu schätzen, wenn man den Aufstieg vorher aus eigener Kraft gemeistert hat. Jeder Schwung wird präzise gewählt und man fährt auch nicht zu schnell, denn sonst ist es viel zu schnell wieder vorüber.

Lawinenwissen hautnah

Während der Tourentage bezieht unser Guide Markus uns immer in seine Entscheidungen mit ein und erklärt uns, warum wir hier und da mit dreißig Meter Abstand abfahren und/oder mit zehn Meter Abstand aufsteigen, welche Stellen welche Gefahren bergen und wie wir mit zwei Stöcken die Hangneigung bestimmen können. Eine besonders interessante Erfahrung für mich ist es, ein Schneeprofil zu graben. Hier erlebt man einfach hautnah mit, wie eine Schwachschicht im wahrsten Sinne des Wortes zusammenkracht. Wie sich verschiedene Schneeschichten anfühlen und wie eine Lawine entsteht, wenn bestimmte Faktoren im Gelände gegeben sind.

Die Schneeverhältnisse sind wie die Aussicht: phänomenal. Foto: DAV Summit Club/Lisa Brinkmann

Gesund und glücklich komme ich nach dieser Tour auf der Lizumer Hütte an, die sowohl Körper als auch Geist gestärkt hat. Abends geht es nach einem erneut außergewöhnlich guten Essen noch darum, wie man so eine Tour eigentlich plant und wie mithilfe von Karte und Hangneigungslinien die passende Route gefunden werden kann.

Der letzte Tag kommt schneller, als uns lieb ist und wir packen unsere Sachen für den Taxitransfer, der uns nach unserer Tour zum Eiskarjoch wieder zurück zum Parkplatz bringt. Das Wetter ist auch heute nochmal auf unserer Seite und wir treffen wieder nur sehr wenige Menschen. Das Splitboard im Touren-Modus ist ein guter Freund geworden - wir sind im Flow. Die Aussicht von oben ist mal wieder grandios und die Abfahrt noch besser. Auch die Handgriffe beim Umbauen des Splitboards haben sich über die Tage stetig verbessert - alles kein Hexenwerk, wenn man mal in Übung ist. Und so hat die ein oder andere ungemütliche Stelle auf den letzten Metern zum Parkplatz mit eisigen und abgefahrenen Verhältnissen auch keine Chance, nur eine Sekunde der letzten Tourentage zu überlagern. Es war einfach ein zu gelungenes Wochenende.

Du möchtest mit deinem Snowboard auch raus aus dem Skigebiet und rein ins Naturerlebnis? Hier geht's zu den Kursen.

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