Panoramablick auf das Matterhorn in den Schweizer Alpen.
Am Matterhorn: Wetter im Kommen. Foto: AdobeStock
Meteorologie

Das Alpenwetter & die Wetterküche Alpen

Das Wetter. – Oft belächeltes Smalltalk-Thema. Bei genauerem Betrachten jedoch faszinierend. Und: Im Bergsport spielt es eine große Rolle beim Erleben einer Tour. Oder es hat ganz und gar einen entscheidenden Einfluss darauf, ob sich eine Tour überhaupt sicher durchführen lässt. Sich mit einigen meteorologischen Grundlagen vertraut zu machen, ist daher unerlässlich, um Wettersituationen einordnen und damit sommers wie winters bessere Tourenentscheidungen treffen zu können. Grund genug, einen kleinen Einblick in grundlegende Begriffe und Zusammenhänge zu geben.

Die Alpen erheben sich mitten in Europa, sie haben einen großen Einfluss auf das tägliche Wetter und das langfristige Klima des Kontinents. Sie wirken dabei als transkontinentale Barriere: Regenwolken regnen sich hier ab. Auch speichern die Alpen gewaltige Wassermassen und sind Quellgebiet wichtiger europäischer Flüsse.

Einerseits wird das Alpenwetter von verschiedenen Faktoren wie dem Azorenhoch und dem Islandtief beeinflusst, andererseits sind die Alpen selbst eine riesige Wetterküche. So ergeben sich in den Alpen auf kleinstem Raum große klimatische Unterschiede und das Wetter in der Höhe unterscheidet sich oftmals von dem in den Tallagen. Und: Die Alpen prägen das Wetter selbst in fern von den Bergen gelegenen Regionen.  

Das Alpenwetter genauer vorherzusagen war aufgrund fehlender Kenntnisse zunächst unmöglich, dann schwierig. Und selbst heute ist es ein hochkomplexes Unterfangen. Schnell zeigt sich: Die europäische Großwetterlage ist das Eine, die konkreten Bedingungen in den einzelnen Tälern und in den Gebirgsstöcken das Andere. Denn die Landschaft ist sehr zerklüftet, was massive Auswirkungen auf die Luftströmungen hat – die Luft wird immer wieder gezwungen aufzusteigen, zu fallen oder die Richtung zu ändern.

Überhaupt: Ohne die Alpen sähen die Wetterbedingungen in ganz Europa anders aus – kalte Luftmassen aus dem Norden würden als Blizzard ungehindert bis nach Südeuropa ziehen. Umgekehrt zögen feuchtwarme Luftmassen aus dem Süden weit nach Nordeuropa, was regelmäßig zerstörerische Tornados zur Folge hätte. 

Wetterbeeinflussende Faktoren

Vorab einige wichtige Faktoren, die das Wetter in Deutschland und Europa beeinflussen:

Azorenhoch: Das in Deutschland wohl bekanntestes Druckgebiet. Denn es bestimmt oft das Wetter in West- und Mitteleuropa. Es kommt von neun, im Atlantik etwa 1.400 Kilometer vor dem europäischen Festland gelegenen Inseln.

Islandtief: Es ist der Gegenspieler des Azorenhochs. Das Wetter, das von der Insel im Nordatlantik kommt, prägt vor allem das Wetter in Nord- und Westdeutschland.

Golfstrom: Er bringt warmes Wasser aus dem Golf von Mexiko in den Nordatlantik. Ohne Golfstrom wäre es in Europa viel kälter (wie beispielsweise auf vergleichbaren Breitengraden in Nordamerika).  

Übrigens: Hochdruckgebiete drehen sich auf der Nordhalbkugel immer im Uhrzeigersinn, Tiefdruckgebiete gegen den Uhrzeigersinn. Die Folge: Nähert sich ein Hoch – meist aus Westen – Mitteleuropa, so bringt es oft kühle und trockene Luft vom Nordkap nach Deutschland. Bei aus dem Westen kommenden Tiefs ist es genau andersherum, sie bringen feuchtwarme Luft aus dem Mittelmeerraum.

Seit den 1950er Jahren haben die Druckgebiete Namen. Ursprünglich waren dies immer weibliche Namen für Tiefdruckgebiete, während Hochdruckgebiete immer männliche Namen erhielten. Seit 1998 rotiert das System jährlich. In geraden Jahren tragen seither Hochdruckgebiete männliche, Tiefdruckgebiete weibliche Namen. In ungeraden Jahren ist es andersherum.

Typische Wetterlagen in den Alpen

Nordstaulage: Hochdruck über dem Atlantik und Tiefdruck über Nordosteuropa, dazwischen wird feuchtkalte Luft von Norden gegen die Alpen gedrückt und staut sich dort. In den Nord- und Zentralalpen schneit es dann oft ergiebig. Auf der Alpensüdseite ist es sonnig bei kaltem Nordwind (Nordföhn). 

Westlage: Von Westen her fließt feuchte Luft vom Atlantik nach Mitteleuropa. Es kommt ein Tief nach dem anderen, was einige Tage oder sogar mehr als eine Woche andauern kann. Vor allem im Sommer kommt es an Kaltfronten zu kräftigen Gewittern, im Winter zu ergiebigen Neuschneemengen vor allem in den Westalpen und im Arlberggebiet, während im Osten weniger Niederschlag ankommt.

Italientief: Feuchte Luft drückt von Süden her gegen die Alpen. Zur gleichen Zeit fließt oft kalte Luft von Osten gegen die Alpen; die relativ warme Luft des Italientiefs gleitet darauf auf, infolgedessen es oft zu ergiebigen Schneefällen in den Süd- und Ostalpen kommt; außerdem zu prägnanten Hochwassersituationen im Sommer. Je nachdem, wo der Kern des Tiefs liegt, auch als Mittelmeer-, Genua- oder Adriatief benannt. In der Meteorologie sind einzelne besondere Konstellationen auch als Vb-Wetterlage berüchtigt, die immer wieder zu schweren Überschwemmungen führt.

Hochdrucklage: Ein großflächiges Hoch liegt über Mitteleuropa, Tiefdruckgebiete können es nicht abdrängen. Während sich in den Tälern die kalte Luft sammelt und diese oft von Hochnebel abgedeckt wird, herrscht in den Bergen oft strahlender Sonnenschein.  

Apropos …

… Inversionswetterlage: Es handelt sich dabei um eine klassische Winterwetterlage: Für gewöhnlich ist es in den Tälern wärmer als auf den Bergen. Bei Inversionswetter ist es genau andersherum – die Kälte von den Bergen sinkt ins Tal und „bleibt dort liegen“, warme Luft legt sich darüber und verhindert so, dass die kalte Luft wieder abziehen kann. Die Folge: Abgase in den Tälern stauen sich, es bildet sich Dunst und eine Hochnebeldecke. Während es unter dieser Nebel- und Wolkendecke grau und kalt ist, herrscht darüber, in den Bergen, eitel Sonnenschein.

Inversionswetterlage: Skifahren über den Wolken. Foto: AdobeStock

… Föhn, ein ebenfalls oft im Winterhalbjahr auftretendes Phänomen. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen „favonius“ ab, was „lauer Westwind“ bedeutet. Gemeint ist ein warmer Fallwind, der von den Alpengipfeln ins Tal schnellt. Bei hervorragender Fernsicht steigen die Temperaturen innerhalb kurzer Zeit stark an. Die charakteristischen Föhnwolken (Lentikulariswolken) sind linsenförmig, sie können wie Untertassen aufeinandergestapelt wirken. Auch einige vermeintliche UFO-Beobachtungen haben sich als Föhnwolken entpuppt.

Genau genommen ist nur der Wind selbst der Föhn. An einem Bergkamm kann man ihn erleben, mitunter auch im Tal und weit ins Alpenvorland. Scheint allerdings das Wetter so, als herrsche Föhn, tatsächlich ist der Wind aber nur schwach, dann nennt die Meteorologie diese Bedingungen nur „föhnig“.

Das Alpenvorland gibt sich föhnig. – München rückt ganz nah an die Berge. Foto: AdobeStock

Übrigens: Einen dem Föhn ähnlichen warmen Fallwind gibt es auch in Nordamerika, dieser Wind entlang der östlichen Rocky Mountains heißt Chinook. Aufgrund der enormen Temperaturanstiege innerhalb kürzester Zeit gelten derartige Fallwinde auch als Schneefresser. So mussten bei den Olympischen Winterspielen 1988 in Calgary zahlreiche Veranstaltungen abgesagt werden, nachdem die Temperaturen über Nacht von -30 °C auf +12 °C anstiegen. Der weltweit stärkste Temperaturwechsel aber wurde in Montana/USA registriert: im Januar 1972 stieg die Temperatur binnen 24 Stunden von -48 °C auf +9 °C – und damit um insgesamt 57 Grad.

… Bora & Mistral: Neben dem Föhn gibt es entlang der Alpen und ringsum auch kalte Fallwinde, sogenannte katabatische Winde, wie der aus den Julischen Alpen kommende Bora, welcher der Adriaküste Sturmböen bis zu 250 Stundenkilometer bescheren kann; oder der Mistral im Rhone-Tal.

weitere spezielle Winde kommen noch hinzu. Genauso wie Föhn, Bora & Mistral gehören sie zu den Berg-Tal-Windsystemen der Alpen, die durch das ständige Bestreben der Natur entstehen, die Luftdruck-Unterschiede auszugleichen. Dazu gehören der Tramontana, ebenso wie regionalere Winde wie die Bise oder der Malojawind oder sehr lokale Wind-Phänomene wie der Laseyerwind.

Exkurs: Wer „macht“ unser Bergwetter?

Im gesamten Alpenraum gibt es Bergwetterwarten, auf denen bergspezifische Wetterbeobachtungen gemacht werden: An der Zugspitze befindet sich die höchstgelegene Bergwetterwarte Deutschlands. Als eine der wichtigsten Bergwetterwarten in Österreich gilt das Sonnblick-Observatorium im Nationalpark Hohe Tauern. Auch Berghütten beherbergen mitunter Wetterstationen, wie die italienische Capanna Margherita auf der Signalkuppe im Monte-Rosa-Massiv. Ebenfalls permanent besetzt: die Wetterwarte am Schweizer Jungfraujoch.

Die älteste Bergwetterwarte der Welt findet sich im bayerischen Alpenvorland: Das Meteorologische Observatorium Hohenpeißenberg ging 1781 in Betrieb; seither konnten dort nahezu ohne Unterbrechung meteorologische Untersuchungen gemacht werden. Die Hohenpeißenberger Aufzeichnungen zählen damit zu den längsten und homogensten Reihen in Europa.

Die Daten der Bergwetterwarten und weiterer Wetterstationen werden von den Wetterdiensten der jeweiligen Länder ausgewertet. Reine Wetterdaten stellt beispielsweise der Deutsche Wetterdienst (DWD) kostenlos zur Verfügung, meteorologische Messwerte und Auswertungen sind als Open Data jederzeit für Interessierte zugänglich. Die Einschätzungen der Wetterdienste bilden auch die Grundlage für das Bergwetter, den beliebtesten Service des Deutschen Alpenverein.

Den Hohen Peißenberg krönen eine Wallfahrtskirche und das Meteorologische Observatorium (links), die älteste Bergwetterwarte der Welt. Foto: AdobeStock

… und der Wetterfrosch?

Lange bevor es Wetterstationen gab, haben die Menschen versucht, durch das pure Beobachten ihrer Umgebung Rückschlüsse auf die Entwicklung des Wetters treffen zu können. Für eine ganz grobe Wetteranzeige ist tatsächlich das Verhalten von Tieren interessant.

So gelten tieffliegende Schwalben als ein Indiz für aufkommendes Schlechtwetter. Der Grund: bei Hochdruck erfassen die aufsteigenden Luftmassen die Insekten, bei einem aufkommenden Tiefdruckgebiet dagegen bewirkt der sinkende Luftdruck, dass die Insekten tiefer fliegen … und damit auch Schwalben, die sich von den herumschwirrenden Insekten ernähren.

Auch Frösche – insbesondere europäische Laubfrösche ­– klettern höher, wenn Mücken und andere Insekten, von denen sie sich ernähren, höher fliegen. Weil man früher glaubte, ein Frosch könne so das Wetter nicht nur anzeigen, sondern ganz und gar vorhersagen, schrieb man ihm als Wetterfrosch Vorhersagetalente zu. Als Wetterbote ist er vor allem im deutschsprachigen Raum bekannt. In den USA vertraut der Volksglaube stattdessen am Ende des Winters auf das Murmeltier, in Serbien und Rumänien auf den Braunbär.

Doch zurück zum Alpenwetter …

Wie geht’s weiter mit dem (Alpen-)Wetter?

Für etwa 12.000 Jahre war das Wetter recht stabil. – Ein entscheidender Faktor, dass sich die menschliche Zivilisation in der bekannten Weise entwickeln konnte. Doch in den zurückliegenden Jahrzehnten hat der Mensch jeden Winkel der Erde verändert. Mittelfristig wird sich das Klima verändern, kurzfristig werden wir – da sind sich die allermeisten Forschenden einig – immer häufiger extreme Wettersituation erleben.

So werden wir auch im Alpenraum zunehmend mit drei Jahreszeiten leben – die Winter werden immer kürzer oder sie werden ganz ausfallen. Ja, auch Schnee wird es geben. Gut möglich, dass er sogar punktuell immer wieder in Massen kommt. Denn rund um den Gefrierpunkt kann die Luft viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen als bei niedrigeren Temperaturen. Allerdings werden die richtig kalten Phasen immer seltener und kürzer. Auch für die (Gebirgs-)Wälder bedeutet der vergleichsweise kurzfristige Wandel viel Stress.   

Wetterwissen to go

  • Hochs verharren oft über Tage an einer Stelle; Tiefs ziehen oft schnell mit der Höhenströmung vorbei.

  • Der (inoffizielle) Deutsche Kälterekord stammt vom Funtensee in den Berchtesgadener Alpen, wo im Dezember 2001 an einer privaten Messstation -45,9 °C gemessen wurden. 

  • Wird Luft von Nordafrika nach Europa gesaugt, ist diese mitunter voller Sahara-Sand. Entladen sich diese sandversetzten Wolken dann, kommt es zum „Blutregen“ – ein Phänomen, das Autos auf den Straßen unter einer Schlammschicht verschwinden lässt und in höheren Berglagen den Schnee rot einfärbt.

  • Die regenreichsten Orte in Deutschland liegen am Alpenrand und in den Hochlagen der Mittelgebirge. Dort regnet es jährlich durchschnittlich mehr als 1.000 Liter pro Jahr (im gesamtdeutschen Durchschnitt sind es etwa 750 Liter im Jahr). Allerdings regnet es oft vergleichsweise heftig und kurz, weshalb sich Alpenorte auch nicht in Listen finden, die die Orte mit den meisten Regentagen in Deutschland aufzählen. Dort eher zu finden: unter anderem Wuppertal.

  • Sommergewitter: 90 Prozent aller Gewitter treten in Deutschland zwischen Juni und August auf. Der Grund ist die Sonne, sie ist der Motor der Gewitter.

  • Im Süden Deutschlands gibt es besonders häufig Gewitter, dort treten auch die meisten Blitze auf. Während im gesamten Norden Deutschlands vergleichsweise wenige Blitze zu beobachten sind (durchschnittlich gab es dort 2018 zwischen 1 und 1,5 Blitze pro Quadratkilometer, sind es rund um Garmisch-Partenkirchen die meisten: hier blitzte es 2018 durchschnittlich vier Mal pro Quadratkilometer.

  • (Un-)Wetterwarnungen: Wie im Alltag so in in den Bergen: Apps helfen, um sich über gefährliche Wettersituationen zu informieren. Was ein Unwetter ist, ist dabei klar definiert. Für eine Unwetterwarnung wichtig ist neben dem, was passiert, auch die Frage, wie lange die jeweilige Wettersituation andauert. Als Unwetter gilt beispielsweise: bis 20 Zentimeter Schnee unterhalb von 800 Meter innerhalb von 6 Stunden oder bis zu 30 Zentimeter innerhalb dieser Zeit oberhalb von 800 Metern. Oder: mehr als 25 Liter pro Quadratmeter Regen innerhalb von einer Stunde (35 l/m2 in 6 Stunden, 60l/m2 in 48 Stunden).

Wetterküche Alpen – hier: rund um die Olpererhütte am Schlegeissee in Tirol/Österreich. Foto: AdobeStock

Zum Weiterlesen

  • Silke Hansen: … und jetzt das Wetter: Die beliebteste Minute der Tagesschau, Delius Klasing Verlag, 2020, 160 Seiten

  • Sven Plöger, Rolf Schlenker: Die Alpen und wie sie unser Wetter beeinflussen, Malik, 2022, 320 Seiten

  • (Für Kinder) Fraser und Judith Ralston: So ein Wetter! Alles über Wetter, Klima und warum es auf der Erde immer wärmer wird, DK, 2021, 72 Seiten

(Touren-Relevantes)

  • Gerhard Hofmann, Michael Hoffmann, Rainer Bolesch: Wetter und Orientierung. Alpin-Lehrplan Band 6, Bergverlag Rother, 2021, 160 Seiten

  • Markus Stadler: Skitouren – Ausrüstung, Technik, Sicherheit. Bergverlag Rother, 2021, 184 Seiten

... (teils) auch im DAV-Shop erhältlich.

Themen dieses Artikels