Zwei Menschen stehen bei Gipfelkreuz auf schneebedecktem Berg, die Sonne scheint
Auf dem Similaun, 3606 Meter. Foto: Bernd Ritschel/DAV Summit Club
Die Venter Runde

Skitourenklassiker in den Ötztaler Alpen

Eine Tour, die schon lange auf meiner Berg-Bucketlist steht: Die Ötztaler Skidurchquerung mit klangvollen Berggipfeln wie Similaun und Wildspitze! Wer sich auskennt, merkt gleich, dass es sich hierbei um Skihochtouren handelt, die das große Finale der Skitourensaison einläuten. Doch so schön diese Touren auch sein können, es gibt einiges bei der Tourenplanung und -durchführung zu beachten.

Planung, Vorbereitung & Ausrüstung

Da es sich bei dieser Tour um eine geführte Reise des DAV Summit Club handelt, muss ich mir um die Planung der einzelnen Tagesetappen keine Gedanken machen - dies übernimmt unser Berg- und Skiführer. Umso mehr Zeit bleibt für Grundlagentraining, um sich die entsprechende Kondition anzueignen, die es für die Mehrtagestour und Besteigung von gleich vier Dreitausendern braucht. Laut Packliste benötigt man neben der Skitourenausrüstung eine entsprechende Hochtourenausrüstung, welche diverse Bandschlingen, Karabiner, Eispickel, Steigeisen, Eisschrauben und Reepschnüre einschließt. Vom Klettern kann ich auf einen eigenen Helm und Klettergurt zurückgreifen. Die restliche Ausrüstung wird glücklicherweise vom Veranstalter gestellt. Alles schön ausgebreitet, gilt es das Equipment samt Bekleidung für fünf Tage und alle Wettereventualitäten im 32-Liter Rucksack unterzubringen. Auf einen Gepäcktransfer kann man nämlich bei einer Skidurchquerung nicht zählen! Den prallgefüllten Rucksack samt Tourenski-Ausstattung im Auto verstaut, und schon geht es los Richtung Berge. Dank der digitalen Mitfahrzentrale des Summit Club sammele ich auf der Fahrt von Frankfurt aus noch einen weiteren Teilnehmer in Nürnberg ein und fahre von hier weiter ins Pitztal.

Tourenstart und Akklimatisation

Pünktlich erreichen wir den Treffpunkt in Vent und werden von unserem Bergführer Andreas und weiteren Teilnehmenden unserer Tour begrüßt. Nachdem alle eingetroffen sind, erhalten wir eine kurze Einweisung und nach dem LVS Partner Check laufen wir voller Vorfreude los.

Auf der Venter Runde durch die Ötztaler Alpen. Foto: Bernd Ritschel/DAV Summit Club

Unser erstes Tagesziel soll die Martin-Busch-Hütte auf einer Höhe von ca. 2500 Metern sein. Während des leichten, aber konstanten Anstieges durch das Niedertal erklärt uns Andreas, dass die Aufstiegszeit bewusst früh gewählt wird, um eventuelle Gefährdungen durch sich erwärmende Hänge im Tal zu vermeiden. Nach knapp drei Stunden erreichen wir bei Sonnenschein die Hütte – die Terrasse soll am Nachmittag unser auserwählter Platz sein. Nach dem Essen geht es früh zu Bett, da am nächsten Tag bereits das erste Highlight der Tour wartet. In der Nacht merke ich die Höhe und werde teils unter schwerer Atmung zwei- bis dreimal wach, der Schlaf fällt entsprechend dünn aus.

Highlight um Highlight

Der Morgen startet mit einem guten Frühstück, anschließend erfolgt der Sicherheits-Check direkt beim Verlassen der Hütte und der Aufstieg in Richtung Similaun beginnt. Noch im Halbschlaf trotten wir dahin und so vergeht die erste Stunde wie im Flug. Nach knapp eineinhalb Stunden legen wir unsere Klettergurte an. Andreas erklärt uns, dass dieser zur Grundausrüstung am Gletscher gehört. Die zu dem Zeitpunkt herrschende Schneelage macht es aber nicht nötig ein Seil anzulegen, da die Spalten noch mit ausreichend Schnee gefüllt sind. Die nächsten zweieinhalb Stunden laufen wir über den Gletscher bis wir unterhalb eines Grates, der zum Gipfel führt, ein Skidepot errichten. Nun heißt es: Ski ab, Steigeisen an und Pickel raus. Der Grat ist glücklicherweise schon ein wenig stufig ausgetreten, was uns den Aufstieg erleichtert.

Der starke Wind am Gipfel lässt keine lange Pause zu. Foto: Bernd Ritschel/DAV Summit Club

Oben angekommen eröffnet sich ein sagenhafter Rundblick auf die Gipfel der Umgebung und bis darüber hinaus. Nach einer kurzen Rast und der Erläuterung der Ziele für die nächsten Tage machen wir uns auf den Weg nach unten, da der Wind ein längeres Verweilen unbehaglich macht. Bei der anschließenden Abfahrt genießen wir einen erstklassigen Powderhang. Andreas zeigt uns bei einem kleinen Zwischenstopp die Fundstelle von „Ötzi“. Sichere Einzelbefahrung, um kein Risiko einzugehen, und schon sind wir bei unserem Tagesziel, der „Bellavista“, angekommen – was für ein Tag!

Mit der Weißkugel wartet am Tag darauf direkt das nächste Highlight, doch leider meint es das Wetter nicht ganz so gut mit uns. Andreas ist jedoch bestens ausgestattet und führt uns mit GPS-Gerät und diesmal auch am Seil sicher zum Gipfel. Aufgrund der mangelnden Sicht fällt die Gipfelrast recht kurz aus. Belohnt werden wir jedoch mit einer spitzen Abfahrt von über tausend Höhenmetern zum Hochjoch-Hospiz, unserer bereits dritten Übernachtungs-Hütte.

Gewaltige Aussichten

Tag vier beginnt erneut durchwachsen, wird sich jedoch später noch als wahrliches Highlight entpuppen. Routiniert starten wir mit dem gleichen Prozedere wie an den anderen Tagen: Stärkung beim Frühstück, LVS-Check, müder Tourenstart. Doch das Wetter wird im Verlauf des Vormittags immer besser und besser. Etwa eine Stunde vor unserem Gipfelziel reißen die letzten Wolken auf und wir stehen bei strahlendem Sonnenschein auf dem Fluchtkogel. Heute können wir uns mehr Zeit am Gipfel lassen und die Sonne sowie den atemberaubenden Ausblick in vollen Zügen genießen. Gar nicht so weit entfernt überragt die Wildspitze alle anderen Gipfel in der Umgebung – unser Ziel für morgen sieht schon gewaltig aus! Die Abfahrt bei besten Bedingungen lässt uns alle vor Freude jauchzen, als wir unsere Schwünge im knietiefen Powder ziehen.

Die Wildspitze (3772 m) im Winter. Foto: Bernd Ritschel/DAV Summit Club

Mit der 3772 Meter hohen Wildspitze wartet am letzten Tag das Touren-Highlight auf uns! Das Wetter ist jedoch nicht auf unserer Seite und wir starten bei dichtem Nebel an der Hütte. Der Aufstieg gleicht einem Blindflug und es fühlt sich an, als würde die feuchte Kälte in jede Ritze kriechen. Die Stimmung ist verhalten, wir kämpfen uns schweigend immer weiter die Flanken des Vernagtgletschers hinauf. Die letzten 150 Höhenmeter geht es noch mal über einen Grat zum Gipfel. Die Sicht wird leider immer noch nicht besser. Doch wenigstens werden wir mit der Abfahrt von knapp 1900 Höhenmetern ins Tal belohnt und sind hierfür noch mal fast eine Stunde unterwegs! Ein gebührender Abschluss der Tour, auch wenn das Wetter nicht ganz mitspielte.

Nichtsdestotrotz war die gesamte Skidurchquerung ein wirklicher Kracher in meiner bisherigen alpinen Karriere und auf jeden Fall wiederholungsbedürftig! Mit Steigeisen und Pickel über Gletscher und Gipfelgrate und mit Ski steile Gletscherabfahrten über tausende von Höhenmeter hinab bis zurück ins Tal – diese ereignisreichen Tage werde ich so schnell nicht vergessen!

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