Verkehrsschild mit einer rot durchgestrichenen Tankstelle links und einem grünen Elektrostecker rechts
E-Mobilität holt stark auf - Verbrenner sind auf dem Rückzug. Illustration: Adobe Stock/167821869
Mach's einfach: Elektromobilität

Sind Elektroautos nachhaltig?

E-Autos sind am Boomen. Ist die aktuelle Brennstoffkrise ein zusätzlicher Anlass zum Umsteigen und Emissions-Einsparen? Und wie tauglich sind die „Stromer“ für den Bergsport? Ein Überblick über aktuelle Fortschritte und Bedürfnisse.

Im November 2021 wurden so viele Batterie-E-Autos (BEV) verkauft wie noch nie: 40.270 Stück, ein Anteil von 20,3 Prozent an den (um 30 Prozent gesunkenen) Neuzulassungen – Diesel dagegen gingen auf 15,8 Prozent zurück. Die Zahl von Elektroautos in Deutschland hat sich seit 2017 jährlich fast verdoppelt; 2021 machten BEV gut 13 Prozent des Bestands aus, dazu kamen noch jeweils ähnlich viele Hybride und Plug-in Hybride (PHEV). Wird der Verkehr also endlich grün? Und sollte das nächste Auto ein E-Auto sein?

Ja, und … tja. Die heute verfügbaren Elektroautos erfüllen die Mobilitätsbedürfnisse vieler Menschen, auch für viele Situationen im Bergsport – dazu später mehr. Und sie verursachen deutlich weniger Emissionen als Diesel und Benziner. Wie „sauber“ sie wirklich sind, das hängt von der Perspektive ab. Und davon, was Politik, Wirtschaft und Menschen in nächster Zeit tun.

Emissionsfrei?

Der große Öko-Rucksack, mit dem jedes E-Auto antritt, ist die Batterie. Zum einen muss Lithium für die Akkus abgebaut werden, was wegen der sozialen und Umwelt-Auswirkungen umstritten ist – eine Kreislaufwirtschaft ist hier dringend anzustreben. Zum anderen entstehen bei der Herstellung Emissionen: im Kohlestromland Polen etwa achtmal so viel wie im Wasserstromland Schweden. Die schwedische Beratungsfirma IVL hat für die Schwedische Energieagentur die Emissionen bei der Batterieerzeugung auf 61 bis 106 kg CO2-Äquivalente (CO2e) pro Kilowattstunde Batteriekapazität berechnet. Bei üblichen Batteriegrößen zwischen 40 und 80 kWh sind das etwa 2400 bis 8400 kg CO2e, die der Emissions-Rucksack eines BEV verursacht. Die gute Nachricht: Diese Zahl kann künftig sinken durch höhere Stückzahlen, bessere Prozesse, mehr Ökostrom in der Fertigung und durch Recycling. Oder wenn neue Technologien wie die Lithium-Luft-Batterie marktreif werden sollten.

Der zweite Faktor ist der Verbrauch. Hier spielt die Größe des Autos eine geringere Rolle als bei Verbrennern: Standardmodelle brauchen rund 16-20 kWh pro 100 Kilometer, Luxuswagen 20-23; nur bei Campern (25-30) fällt die Größe stärker ins Gewicht. Stark abhängig ist der Verbrauch allerdings von Geschwindigkeit und Temperatur: Bei kaltem Wetter auf der Autobahn kann er doppelt so hoch sein wie innerorts im Sommer.

Nun zur Gretchenfrage: Welcher Strom wird geladen? Der deutsche Strommix erreichte 2021 fast 50 Prozent Ökostromanteil. Dennoch bedeutet jede Kilowattstunde ungefähr 400 g CO2e – ein E-Auto mit einem mittleren Verbrauch von 0,2 kWh pro Kilometer setzt also rund 80 g/km CO2e frei, nicht die 0, mit der es in Anzeigen beworben werden darf. Weitgehend „emissionsfrei“ wird es erst mit Ökostrom – aber dann drängen sich umso mehr durstige Pferde am zu kleinen Ökostromteich. Deshalb muss die Energiewende nicht „nur“ 100 Prozent Ökostrom für den bisherigen Verbrauch bereitstellen, sondern zusätzlich 20 Prozent mehr, um die jährliche deutsche Fahrleistung mit Ökostrom zu decken – plus weitere nötige Energie für die Stromwende in der Industrie. Die schnellere Lösung: Das Auto nur mit Ökostrom vom eigenen Dach laden.

Sparsam?

Emissionen spart ein E-Auto auf jeden Fall: Selbst die obigen 80 g/km CO2e sind wesentlich weniger als die 160-200 Gramm üblicher Mittelklasse-Verbrenner. Der „Rucksack“ der Batterie ist also nach zwanzig- bis hunderttausend Kilometern ausgeglichen, danach ist das BEV sauberer unterwegs.

CO2-Emissionen im Vergleich: E-Autos sind nach einiger Zeit deutlich klimafreundlicher unterwegs. Infografik: DAV Panorama/Sensit

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Da gibt es einen ähnlichen Tarifdschungel wie beim Telefonieren. Im Prinzip gilt: Schnelles Laden ist teurer. Rechnen wir mit 80 ct/kWh fürs schnelle, 40 ct fürs „normale“ Laden, ergeben sich (bei unserem 0,2-kWh/km-Modell) acht bzw. 16 Euro Fahrtkosten für 100 Kilometer. Ein Verbrenner, der acht Liter Benzin oder Diesel à zwei Euro schluckt, liegt bei 16 Euro. Freilich sind die Preise derzeit in Bewegung …

Wie sieht der Kaufpreis aus? Viele Hersteller bieten mittlerweile elektrische Kleinwagen an – ohnehin tendenziell umweltfreundlicher als Großfahrzeuge und SUV-Versionen. Abzüglich Förderprämien landen deren Neupreise deutlich unter 20.000 Euro, außerdem sind BEV steuerbefreit und benötigen weniger Wartungskosten. Die Finanzen sollten also kein Argument sein, sich beim nächsten Autokauf gegen die Stromvariante zu entscheiden.

Bergtauglich?

„Ein Elektroauto ist super für die Stadt oder fürs Pendeln zur Arbeit. Aber komme ich mit einer Batterieladung in die Berge und wieder zurück?“ Heute übliche BEV versprechen Reichweiten von drei- bis vierhundert Kilometern. Das reicht vielen Süddeutschen fürs Hin und Zurück in die Berge oder zum Mittelgebirgs-Klettergarten. Lässt der Zeitplan Einkauf oder Einkehr vor Ort zu, mit Schnell-Lademöglichkeit am Parkplatz, wird noch mehr Distanz möglich. Steht doch einmal eine weite Strecke an, braucht es halt mehr als einen Ladestopp (oder ein Leihauto). Technologische Entwicklungen bei Ladestationen und Batterien werden diese seltener und kürzer machen; Teslas Supercharger zeigen schon jetzt, was möglich ist. Und viele Menschen schwärmen auch vom entspannten Reiserhythmus, wenn ein längerer Ladehalt etwa mit einem Stadtbummel verbunden werden kann. Eine größere Batterie vergrößert natürlich die Reichweite. Doch wegen ihres größeren Emissions-Rucksacks lohnt sich das nur für Vielfahrende. Ob (Schnell-)Ladesäulen überall dort stehen (werden), wo man sie braucht, wird derzeit heiß diskutiert. Denn E-Autos vermehren sich schneller als Ladesäulen. Zur Zeit ist die Versorgung noch gut, doch Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilhersteller, warnte in der „Zeit“: „Wenn wir 15 Millionen Autos im Jahr 2030 mit Strom laden wollen, müssten wir die aktuelle Ausbaugeschwindigkeit versechsfachen.“ Außerdem fordert sie Offenheit für synthetische Kraftstoffe, Kreislaufwirtschaft und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Von der großen Alternative „Öffentlicher Verkehr“ spricht sie freilich nicht …

Klimagerechte Mobilität ist zweifellos eine komplexe Aufgabe. E-Autos können darin eine wichtige Rolle spielen und tun das von Jahr zu Jahr besser – auch für die Erfordernisse des Bergsports. Warum also nicht umsteigen, wenn es denn ein eigenes Fahrzeug sein muss?

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