Rucksack liegt auf felsigem Untergrund, im Hintergrund Bergketten
Pause mit Aussicht. Foto: N. K.
Von Käsebrot zu Käsebrot

Traumpfade München-Venedig

Wanderrucksack und Funktionsshirt statt Bikini und Birkenstocks? Zwei Nordlichter, Mutter und Tochter, nutzen den Corona-Sommer für genau diesen Tausch. Sie nehmen sich eine sechstägige Etappe des Traumpfads München-Venedig vor. Und sind begeistert von der Landschaft, ihrer eigenen Fitness und Motivation. Häufig weniger begeistert hat sie das Hüttenessen.

„Was?! Du gehst mit deiner MUTTER wandern?!“ „Ja.“ Verdutztes Schweigen. Dann ein nachdenkliches: „Mh. Krass.“ Die Berliner Studentenszene verbringt ihre Sommer eher selten mit einer Alpenwanderung in Begleitung der 60-jährigen Mutter. Warum das tatsächliche eine „krasse Sache“ und, JA, trotz Corona, möglich ist, möchte ich all denjenigen erzählen, die diesen Sommer in leichtfüßigen Birkenstocksandalen lediglich bis zum nächsten Freibad flaniert sind.

Eventuell war diesen Sommer einigen Lesenden aus dem Ostfriesischen der Anblick einer Dame vergönnt gewesen, die mit rotem Trekkingrucksack, pinkem Sportshirt sowie Wanderschuhen und -stöcken durch die Gebirge der hiesigen Kleingärtenlandschaft gestreunt ist. Das war meine liebe Mutter. Schon seit Wochen zwingt sie sich fast jeden Tag ins Fitnessstudio mit dem schönen Namen „Eisenhauer“ und erprobt anschließend die besten Packstrategien für den Wanderrucksack. Seltsamerweise kommt sie dabei zu dem Schluss, dass wir dringend zwei antike Schrittzähler, einer noch von meinem Großvater, benötigen. Der Wanderführer darf aus Gewichtsgründen dagegen nicht mit. Dafür studiert sie jede einzelne Seite der Wegbeschreibungen, kopiert und laminiert sie und wandert die Strecke im Kopf sicherlich schon drei Mal hin und wieder zurück.

Etappe 1: Tulfes – Voldertalhütte

Eigentlich wandern wir gar nicht den ganzen „Traumpfad“, sondern nur die Teilstrecke Tulfes bis Pfunders, aber als wir am ersten Morgen vor dem üppigen Frühstücksbuffett sitzen, gesteht meine Mutter, dass sie eigentlich ganz schön Bammel vor der Tour hat, die sie selbst ausgesucht hat. Wenn ich gewusst hätte, wie die Frühstücksauswahl in den folgenden Tagen auf den Hütten aussehen würde, hätte ich ihre Sorge vermutlich geteilt…

Aber jetzt gibt es kein Zurück mehr, sondern nur noch ein vorwärts und bergauf im tock, tock, tock der Wanderstöcke, die ich boykottiere und meine Mutter für überlebenswichtig hält, auch wenn die Dinger nie die perfekte Länge behalten und an jeder Kurve wieder verstellt werden müssen.

Bei jedem Schritt und jedem Höhenmeter wird meine Mutter weniger redselig, ihr Atem dafür umso konzentrierter. Und doch ist alles halb so wild – auch wenn wir unsere erste Etappe, die „kleine Hausrunde“ unserer Wirtin in Tulfes, nicht in anderthalb, sondern eher in vier Stunden schaffen und so dennoch noch vor Mittag auf der Terrasse der Voldertalhütte ankommen. Übermütig bestelle ich mir direkt eine Portion Tiroler Kässpatzen. Die Österreichische Küche ist für mich eine willkommene Ausrede, meine vegane Ernährung mal wieder etwas zu erweitern. Mein zarter Magen hält diese Idee für unverzeihlich und schon der Gedanken an die uns für morgen angedrohten Käsebrote im Frühstückspaket veranlassen ihn zu einem empörten Grummeln. Gut, dass uns heute keine Anstrengungen mehr bevorstehen außer, den Dialekt der Wirtin ins Hochdeutsche zu übersetzen und der Versuchung zu widerstehen, bereits um sieben Uhr abends unter die kuscheligen Hüttendecken zu kriechen.

Etappe 2: Voldertalhütte – Lizumer Hütte

Die von der Wirtin prophezeiten „lokalen Gewitter“ hatten sich glücklicherweise nicht über uns, sondern schon in der Nacht über das Hüttendach ergossen, das sich deutlich robuster als meine Second-Hand-Regenhaut erwies. Stattdessen haben wir an Tag 2 mit den spärlichen Beschilderungen zu kämpfen. Beim Anblick des Schilds „Achtung! Steinschlaggefahr – Betreten verboten!“ gestehen wir uns ein, dass wir falsch gelaufen sind. Etwas später finden wir dann doch noch den richtigen Weg über eine Wiese voll aufmüpfig drein schauender Kühe.

Angesichts der gestrigen Kässpatz-Orgie schiebe ich bei unserer Frühstücksrast meinen gelben Brotbelag hinüber zu meiner Mutter und mümmle die nackten, aber dafür magenversöhnenden Graubrotscheiben in mich hinein. Der Anfang eines immer wiederkehrendes Rituals…

Dann kommt der erste große Anstieg zum Naviser Joch hinauf. Aber was sind schon ein paar hundert Höhenmeter, wenn der Weg von einem flauschigen Murmeltier begleitet wird?! Fassungslos und voller Muttergefühle bestaune ich, wie das goldige Geschöpf mit einem Stock spielt. Oben auf dem Joch sitzt schon eine andere junge Frau, die mit einer mir wohl vertrauten Mischung aus Besorgnis und Genervtheit in ihr Handy spricht: „Nee, keine Ahnung wo Papa ist, den hab' ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Letztes Mal, als ich vorgegangen bin, sah er ziemlich fertig aus… Nee, Wasser hatte er, glaub' ich, auch nicht mehr…“

Papa Ulli kommt dann aber doch noch und irgendwann auch meine Mutter. Ein Apfel, Müsliriegel, Fruchtschnitte, dann weiter, dicht gefolgt von der Wandertruppe von der Schwäbischen Alp samt Papa Ulli und Tochter. Die „hart gesottenen Wanderburschen“ aus dieser Truppe, die sich unter lautem Geheul, viel Gewese und einem versprochenen Schnaps in den Klammjochsee wagen, verstummen etwas beschämt, als die schmächtige Studentin zwar mit zusammengebissenen Zähnen, aber mucksmäuschenstill den kalten See durchschwimmt. Wie leise laute Männlichkeit doch zum Verstummen gebracht werden kann…

Bis zur Lizumer Hütte ist es aber immer noch ein ganzes Stück und die ersten Kühe werden schon zu ihrem Schlafplatz getrieben, als wir den unsrigen erreichen. Das dortige voluminösen Drei-Gänge-Menü bewundert vor allem meine Mutter nur noch aus sehr kleinen Äuglein und nachdem der letzte Krümel Birnentorte vernascht ist, ist auch schon Zeit für den Schlafsack.

Der Wegweiser schickt uns in ein unübersichtliches Gerümpel aus Felsblöcken und alten Schneefeldern. Foto: N. K.

Etappe 3: Lizumer Hütte – Tuxerjoch Haus

Schon beim ersten Blick ins Frühstückspaket entdecke ich das gefürchtete gelbe Rechteck zwischen den Graubrotscheiben: Käse. Den werde ich garantiert nicht mit auf das Geierjoch schleppen, sondern artig bei der Essensausgabe für die nächsten hungrigen Wandersleute deponieren.

Noch vor allen anderen, um viertel vor sieben, marschieren wir dem Ende des Tales entgegen und bald trennt uns nur noch eine sanfte Graskuppe von dem strahlenden Morgenhimmel. Für eine schwarze Route (schwer) doch ein ganz machbarer Aufstieg, freue ich mich, bis ich zum nächsten Wegweiser komme. Der zeigt nämlich nicht auf die sanfte Graskuppe, sondern in ein unübersichtliches Gerümpel aus Felsblöcken und alten Schneefeldern – DAS ist das Geierjoch. Irgendwie muss es sich seinen Namen ja verdient haben. Wie auf Kommando brummt es hinter mir in der Luft und der Bergwacht-Helikopter kreiselt auf dem Hang, über den ich gerade hinaufgestiegen bin. Der ist nur einige hundert Meter hinter mir einsehbar, aber menschen- und mutterleer. Es ist ziemlich still. Kein tock, tock von Wanderstöcken.

Mir fällt ein kleinerer Felsblock vom Herzen, als der rote Wanderrucksack samt meiner Mutter um die Ecke gebogen kommt und langsam aber stetig auf mich zu schwankt. Die nächsten zwei Stunden Aufstieg durch nichts als kalten Fels sind hart und im Geiste beschwöre ich die mich beäugende Gämse, dass sie ruhig mal was von ihrer Leichtfüßigkeit an meine Mutter abgeben könnte. Aber die schafft es auch so, schafft es hinauf zur Geierscharte, wo angesichts des Gletscherpanoramas eine kahle Graubrotscheibe als Frühstück ein wenig dürftig erscheint.

Weiter geht es in einen kleinen, grünen Kessel hinab und die nächste Scharte wieder hinauf. Als ich oben auf meine Mutter warte, treffe ich den schönen Konstantin aus Berlin. Vielleicht sind die Alpen doch hipper als angenommen… Wir sind gerade ins Plaudern gekommen, als es ein gutes Stück hinter und unter uns kreischt: „Noraaaaaa!“ Ich lächle ein letztes Mal flüchtig in die eisblauen Augen und springe hastig dem roten Häuflein am Fuße des Geröllfelds unter der Scharte entgegen.

Auf den ersten Blick verstehe ich die Panik meiner Mutter nicht ganz. Sie ist irgendwie vom Weg abgekommen, vielleicht drei Meter auf den losen Schieferplatten hochgeklettert und der felsenfesten Überzeugung, dass „der Berg wegrutscht“, sobald sie sich auch nur einen Millimeter bewegt. Hm.

Als ich sie dann doch genau dazu überredet habe, wird mir das Problem klar: Die losen Schieferplatten halten mich zwar gut, bei meiner Mutter samt Rucksack rutschen sie jedoch unter lautem Knirschen bergab.

Irgendwie schaffen wir es aber dann doch Hand in Hand, ganz langsam, zurück zum Weg und rauf auf diese Scharte zu kommen, deren Namen ich vergessen oder verdrängt habe. Oben angekommen verdaut meine Mutter den Schreck mit dem besten Rezept: Schokoriegel und komatöser Erschöpfungsschlaf. Tief unter uns rauscht ein Fluss, dahinter kommt ein neuer Berg und auf diesem Berg liegt erst unser eigentliches Ziel. Uff. Aber irgendwie schaffen wir auch das. Ganz langsam, Schritt für Schritt steigen wir die tausend Höhenmeter schmalen Bergpfad hinunter zum Fluss und nach über zehn Stunden auf den Beinen stolpern wir in die Kuhherde des Tuxerjochhauses.

Gut, dass ich vorher nicht gewusst habe, dass die einzige vegetarische Alternative zum Schnitzel auf Nudeln „Kässpatzen“ lautet. Doch viel erschreckender ist der Anblick meiner Mutter, eigentlich eine leidenschaftliche Esserin, die nur lustlos in ihren Nudeln mit weißlicher Schnitzelgarnitur stochert. Die Vorspeisensuppe hat sie nicht mal halb aufgegessen. „Ich schaffe das nicht mehr, Nora. Ich glaube, wir brechen einfach ab.“ Ihr Gesicht hat plötzlich tiefe Falten und mit wässrigen Augen starrt sie auf die windumtoste Friesenbergscharte auf der anderen Seite des Fensters, über die wir eigentlich morgen gehen wollen. Die Route ist schon wieder als schwarz markiert. „Nora, wir fahren morgen nach Villach und machen nur noch Tagesausflüge. Deine Mutter schafft das nicht mehr.“ Nun kriege ich fast wässrige Augen. Das soll es jetzt gewesen sein? Ich protestiere. Sie schüttelt müde den Kopf. Vor Schreck esse ich ihre Nudelportion einfach mit auf. Wir diskutieren, schauen uns die Etappen der nächsten Tage an. Neben uns beraten die restlichen Wanderinnen und Wanderer, auf welche Uhrzeit sie ihre Wecker stellen sollten, um es noch vor dem angekündigten Regen über die Friesenbergscharte zu schaffen.

Schließlich ist es das ruhige Gemüt der Hüttenwirtin, das meine Mutter überzeugt, morgen ganz bequem mit der Seilbahn ins Tal zu fahren, einen Bus zum Stausee zu nehmen und von dort ganz entspannt, zwei Stündchen auf einem „Sandalen-Weg“ zur Olpererhütte, unserem nächsten Übernachtungsziel, zu schlendern. Ohne Friesenbergscharte, ohne Stahlseilsicherung, ohne obligatorische Schwindelfreiheit, die meine Mutter eh nicht hat. Die sieht jetzt schon deutlich erleichterter aus, isst brav ihren Vanillepudding auf, schnappt sich doch tatsächlich ihr Schuhe und stapft noch eine Runde über die Alm, als hätte sie Bewegungsmangel. Als sie zurückkommt, stellt sie zwei Schnäpse zwischen uns: „Prost, wir laufen weiter!“

In dieser Nacht schlafe ich tief und fest, jedenfalls bis 5.00 Uhr morgens, als die verrückten Friesenbergscharten-Fanatiker das Schlaflager verlassen. Aber das kann uns zum Glück herzlich egal sein. Ich träume weiter von Broten voller Rote-Beete-Streichcreme, Erdnussbutter und Avoca… Schluss jetzt! Die viel zu hippe Berliner Esskultur hat wahrlich schon tiefe Spuren in Seele und Geschmacksnerven hinterlassen.

Etappe 4: Tuxerjochhaus – Friesenbergschart – Olpererhütte

Obwohl wir vorsorglich nur eines statt zwei Lunchpakete bestellen, haben wir Schwierigkeiten, die neuen Käsebrote in unserer Kollektion aus älteren Exemplaren zu verstauen. Die Sonne strahlt über die Gipfel und guter Dinge wenden wir der ollen Friesenbergscharte den Rücken, fahren mit der Seilbahn ins Tal und trinken endlich mal wieder eine Tasse Kaffee. Trotzdem sind wir froh, als wir die engen Betongassen und die Autoabgase wieder gegen Wandersteig und Almviehausdünstungen tauschen können. Nur die von unserer Wirtin prophezeiten Leute in Sandalen muss ich während des dreistündigen Aufstiegs irgendwie verpasst haben… Zur Belohnung zum wieder auferstandenen Wandermut gönnen wir uns oben angekommen zwei große Hüttenkafferle (Kaffee mit Sahnehaube und Nusslikör), begleitet von einem üppigen Kaiserschmarrn. Bauchkrämpfe und Durchfall folgen auf dem Fuße, sodass ich das Abendessen (Die originelle Auswahl: „Schnitzel auf Nudeln“ oder „Kässpatzen“) durch zwei Tassen Kamillentee ersetze.

Etappe 5: Olpererhütte – Fitcherjochhaus

Ich traue meinen Augen kaum, als ich ausgehungert durch das ausgefallene Abendessen den Frühstücksraum betrete und Schüsseln voller MÜSLI erblicke. Müsli! Und noch viel erstaunlicher: Weit und breit KEIN Käse! Das wird ein guter Tag! Nun gut, der riesige Haufen gelber Schreckensscheiben wird natürlich doch noch hereingetragen, aber ich kann ihn weiträumig umgehen. Nach langer Zeit (so kommt es mir zumindest vor) starten wir unsere Tour mal wieder mit einem Frühstück im Magen und es läuft sich ganz prima über den frisch errichteten Höhenweg. Zum Ende hin überfällt uns jedoch eine ausgehungerte Ziegenherde, knabbert an meinen Rucksackriemen und verlangt meckernd mehr. Vermutlich sind sie es gewohnt, die angesammelten Käsebrote aller Wandersleute abzustauben. Nicht so bei uns, denn meine Mutter gesteht, dass sie die Brote in der letzten Hütte kaltherzig entsorgt hat. Gerade so entkommen wir der hungrigen Ziegenherde und flüchten gen italienische Grenze.

Ja, das süße, italienische Leben. Ein Tomatensoßenklecks Wahrheit haftet an diesem Klischee: Wir haben Betten mit richtigem Bettzeug, eine eigene Dusche und vor allem eine Speisekarte, die ohne das verhasste K-Wort auskommt. Stattdessen gibt es eine Nudelpfanne mit feinem Knoblauch, Olivenöl und fruchtigen Cocktailtomaten.

Etappe 6: Pfitscherjochhaus – Pfunders

Unter den verdutzten Blicken der schlaftrunkenen Kühe springe ich noch vor dem Frühstück in einen der Bergseen direkt unter der Hütte. Es ist abartig kalt, aber die Gewissheit einer Wäsche ohne Drei-Minuten-Warmes-Wasser-Marke treibt mich ins klare Blau, über dem noch die grauen Nebelfetzen hängen. Gestern haben meine Mutter und ich Karten studiert, Busfahrpläne fotografiert, den Hüttenwirt befragt und Wetterberichte verglichen.

Nun schaufeln wir besonders viel Müsli in uns hinein, denn wir werden uns am letzten Tag nochmal die volle Wander-Dröhnung geben: in acht Stunden (laut Wanderführer) 1500 Höhenmeter rauf und etwas mehr wieder hinunter. Soviel hatten wir bislang an keinem Tag bewältigt.

Aber als hätten die schon gelaufenen Kilometer der letzten Tage meiner Mutter neue Kraft gegeben, stapft sie unerbittlich bis hinauf zur Gliederschart, wo ich mich in meinem Schlafsack schon auf eine längere Wartezeit eingerichtet habe, schwingt ihre Wanderstöcke und ruft nur: „Ich lauf´ noch ein bisschen weiter, am See ist eine Pause bestimmt netter!“ Und weg ist sie. Ich sitze noch kurz mit offenem Mund da und sehe zu, wie der rote Rucksack unter eifrigem tock, tock, tock gen Tal verschwindet. Dann stopfe ich meinen Schlafsack wieder in den Rucksack und eile ihr hinterher.

Tock, tock, tock und wir verlassen die karstige Felslandschaft, tock, tock, tock und wir überschreiten die Baumgrenze hinab ins grüne Tal. Tock, tock,… Mist, jetzt muss die Länge der Stöcke zum hunderttausendsten Mal wieder neu justiert werden. Tock, tock, tock… Insgesamt zwölf Stunden lang. Dann sind die letzte Etappe und wir fertig.

In Pfunders, unserer letzten Station, empfangen uns noch mehr Wandersleut, zu meiner positiven Überraschung fast alles junge Frauen, prosten uns zu, klopfen auf unsere Schultern und sitzen noch lange mit uns und dem berühmten Zirbenschnaps auf der warmen Terrasse der Gaststube.

Als wir später im Bett liegen, blinzle ich noch einmal zu meiner Mutter hinüber: Die Brille ist ihr beim Versuch noch etwas zu lesen von der Nase gerutscht und zittert im Rhythmus ihrer leisen Schnarcher. Vielleicht sind es aber auch gar keine Schnarcher sondern das Klappern ihrer Wanderstöcke, mit denen sie im Traum schon über die nächsten Berge klettert.

Die letzten Meter hinab Richtung Pfunders. Foto: N.K.

Ob ich jetzt doch nach Birkenstocksandalen für meinen nächsten Freibadurlaub Ausschau halte? Nein, selbst wenn ich im kommenden Jahr keine Zwei-Stunden-Slots mehr buchen muss, um ein bisschen Chlorwasser umgeben von vertrockneten Liegewiesen, zerlatschten Pommes und ausgetretenen Kippen genießen zu dürfen, suche ich lieber nach einem neuen Paar Wanderschuhe. Und nach einem Paar Wanderstöcke für meine Mutter. Und wenn zwischendurch noch Zeit bleibt, sollte ich vielleicht mal ein Käsefondue zur Traumabewältigung ausprobieren.

Über die Autorin

N. K. ist in ihrer Freizeit gern auf Reisen. Eine sechstägige Bergwanderung mit ihrer Mutter in Corona-Zeiten war aber auch für sie Neuland.

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