Zwei Menschen fahren auf MTBs von Berghütte weg
Wer mit dem Mountainbike größere Touren unternehmen will, hat sich konditionell einiges vorgenommen. Umso wichtiger ist ein gezieltes Training Foto: DAV/Wolfgang Ehn
MTB: Fit in den Sommer

Auf Touren kommen

Wer für diesen Sommer auf große sportliche Ziele hofft, braucht sich keine Sorgen zu machen, wenn Trainingseinheiten in spezifischem Gelände etwas kurz gekommen sind. Viel wichtiger für den Erfolg sind eine gute Arbeit an den Grundlagen und eine entsprechende Zusammensetzung des Trainings.

Schon mal was von Leistungspyramide gehört? Kein Erfolg ohne solides Fundament. Das mag trivial klingen, ist aber gerade im Breitensport nach wie vor das meistunterschätzte Bauteil, wenn es darum geht, Form aufzubauen. Grundvoraussetzung für Leistungsfähigkeit ist ein gesunder Körper; wer länger pausiert hat oder gerade erst mit dem Sport beginnt, sollte einen medizinischen Check-up machen. Während die internistische Untersuchung im Idealfall Allgemeinzustand und Belastbarkeit bestätigt, ist auch die Untersuchung des Bewegungsapparates sinnvoll. Denn häufig sind es gerade die Beschwerden am Knie oder am Rücken, die einem die Tour verleiden.

Links: Optimale Leistungspyramide mit stabiler Basis. Rechts: Breitensporttypische Leistungspyramide ohne ausreichendes Fundament. Wenn sie kippt, macht das Biken keinen Spaß und Überlastungen drohen. Illustration: DAV

Ebenfalls den Bewegungsapparat betrifft das Thema Ergonomie: Das MTB ist eines der Sportgeräte mit den umfangreichsten ergonomischen Anpassungsmöglichkeiten. Wer regelmäßig radelt, kann mit einer dem eigenen Körper gut angepassten Radeinstellung Überlastungen effektiv verhindern. Gleiches gilt bei der Wahl und Anpassung der Ausrüstung (Schuhe, Pedale, Handschuhe, Helm und Rucksack), ein professionelles Bikefitting und der Radfachhandel sind dafür eine gute Anlaufstelle.

Grundlagen

Ernährung ist ein bisschen wie das Tanken eines Autos mit Verbrennungsmotor: Guter Treibstoff liefert maximale Leistung und verhindert frühzeitige (Motor-)Probleme. Grundlage dafür ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr im Alltag, wer beim Sport schwitzt, muss zusätzlich trinken! Ideal ist Mineralwasser, Alkohol sollte ausschließlich Genussmittel sein. Selbst geringe Mengen haben bereits nicht zu unterschätzende Nachteile für die sportliche Leistungsfähigkeit und die Gesundheit. Beim Essen muss man es nicht zu kompliziert machen, denn wer Ausdauersport macht, braucht in der Regel keine spezielle Ernährung: Möglichst unverarbeitete Lebensmittel einkaufen und so viel wie möglich frisch kochen, wenig Industriezucker und Fleisch eher als Beilage verwenden. So genannte Supplemente wie Vitamintabletten, Magnesiumpulver und Co. sind nur dann sinnvoll, wenn ein medizinisch nachgewiesener Mangel vorliegt. Wer nur zweimal die Woche Sport macht, muss sich über Regeneration keinen allzu großen Kopf machen. Die Hochmotivierten werden dagegen merken, dass es gezielte Pausen braucht. Belastung und Erholung bilden eine Einheit und müssen vernünftig aufeinander abgestimmt werden; mitdenken und zum Training dazurechnen sollte man auch physische und psychische Belastungen im (beruflichen) Alltag. Über die Summe der Gesamtbelastung lassen sich entsprechende Erholungsphasen neben der wichtigsten regenerativen Maßnahme – dem Schlaf – einplanen. Beispiel: drei intensivere Trainingstage, ein Tag Pause. Generell gilt: Nach langen, dafür lockeren Einheiten im Grundlagenbereich genügen kürzere Erholungsphasen als nach intensiven Einheiten.

Radfahren ist sehr gesund, hat aber einen Makel: Es ist eine sitzende Tätigkeit. Nachdem viele Menschen bereits im Alltag stundenlang sitzen, besteht die Gefahr, dass sich der Bewegungsapparat zum „Sitzapparat“ entwickelt. Um dem entgegenzuwirken, ist regelmäßiges Ausgleichstraining sinnvoll. Wer keine Lust auf die Gymnastik- oder Yogamatte hat, geht klettern, schwimmen oder laufen. Ziel ist es, alle Gelenke (v.a. Hüft-, Knie- und Sprunggelenk) beweglich zu halten, den Oberkörper samt Armen zu stabilisieren und zu kräftigen und das Gleichgewicht zu trainieren. Wer wenig Zeit hat, sollte sich auf seine Schwachstellen konzentrieren und diese zielgerichtet bearbeiten.

Leistungsfähigkeit

Ist das Fundament solide, geht es an die Leistungsfähigkeit, beim Mountainbiken sind das vor allem Ausdauer und Kraft. Auch wenn es in der Breite der Bikegemeinde noch nicht selbstverständlich ist: Das Maximalkrafttraining der Hauptantriebsmuskulatur (Oberschenkel, Gesäß) spielt eine wichtige Rolle; ein bis zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche sind zu empfehlen. In der Hauptsaison können diese phasenweise dann auch wegfallen.

  • Um Überlastungen vorzubeugen, ist beim Krafttraining Folgendes wichtig:

  • Voraussetzung für Krafttraining ist die Beweglichkeit und Stabilität der entsprechenden Körperregion

  • Ohne Erfahrung: Technik und Bewegungsablauf unter Anleitung lernen

  • Zunächst ohne oder mit geringer Zusatzlast trainieren und langsam steigern

  • Kernübungen: Beinpresse, Beinbeuger, Hüftstrecker (Gerätetraining), Kniebeugen und Kreuzheben mit freien Gewichten für Erfahrene

Einfach drauflosfahren, die Ausdauer kommt von allein? Das ist an sich nicht falsch, mehr erreichen lässt sich jedoch, wenn man auf dem Rad gezielter trainiert. Als besonders effektiv hat sich in den letzten Jahren eine „bi-polare“ Trainingszusammensetzung erwiesen.

Ein sinnvolles Ausdauertraining findet zum größten Teil „links“ in der Kurve statt, bei entspannt durchzuhaltender Belastung. Nur 10-20% des Trainings sollten hochintensiv, also erschöpfend, sein. Quelle: K. Stephen Seiler, Glenn Øvrevik

Das bedeutet, dass insgesamt etwa 80-90 Prozent der gesamten Trainingszeit im sehr locker gefahrenen extensiven Grundlagenbereich (= Low Intensity Training/aerob) und etwa 10-20 Prozent im hochintensiven Bereich (= High Intensity Training/anaerob) absolviert werden sollten. Ziel ist es, den Fettstoffwechsel zu maximieren (= Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme VO2max) und den Verbrauch der begrenzt vorhandenen Kohlenhydrate zu reduzieren (= Reduktion der maximalen Laktatbildungsrate VLamax). Die eigentlichen MTB-Touren finden dann im Verlauf der Saison noch häufig und lang genug im mittleren Intensitätsbereich (= Threshold-Bereich) statt. Neben der MTB-typischen Ausdauerbelastung im Sattel sollte man auch spezielle Anforderungen wie das Fahren mit schwerem Rucksack oder lange Tragepassagen ins Training integrieren.

Sportartspezifisches Können

Mit der Spitze der Leistungspyramide beginnt beim Mountainbiken der große Bereich von Technik und Taktik fürs Gelände. Wer nur am Feierabend und überwiegend auf der Forststraße unterwegs ist, muss hier sicherlich nicht besonders intensiv trainieren. Wer dagegen einen anspruchsvollen Alpencross auf hochalpinen Trails mit Tragepassagen durch Schutt und Geröll fahren möchte, sollte sorgfältig daran arbeiten, dass Fahrtechnik und -taktik mit schwerem Rucksack und auch die Trittsicherheit, mit Rucksack und Bike auf der Schulter, den Geländeanforderungen entsprechen. Wer es schafft, sich eine stabile und große Pyramide aufzubauen, ist für die Sehnsuchtsorte dieser Welt konditionell wie technisch vorbereitet.