Jede Sekunde zählt!

So geht das: Suche mit dem LVS-Gerät

Trotz allem „Risikomanagement“: Eine Lawinenverschüttung gehört zum Restrisiko bei Bergtouren im Schnee. Nur wer das Suchen, Sondieren und Ausgraben perfekt trainiert hat, hat eine gute Chance, das Leben des Partners zu retten.

Überlebenschancen

Zeit spielt eine wichtige Rolle bei der Verschüttetensuche, deshalb heißt es am Anfang Gas geben. Je näher man dem Verschütteten kommt, desto genauer muss man arbeiten. Wenn man bei der „Feinsuche“ den besten Wert ermittelt hat, ist die Arbeit mit dem LVS-Gerät abgeschlossen und das Sondieren und Graben beginnt. (Abb. 1) Illustration: Georg Sojer

In den ersten Minuten stehen die Überlebenschancen eines Lawinenverschütteten bei über 90%, nach 15 Minuten sinken sie rapide ab. Die besten Chancen, das Leben eines Verschütteten zu retten, bietet deshalb die Rettung durch die Bergkamerad*innen per Suche mit dem LVS-Gerät und anschließendem Ausgraben. Damit das im Stress des Notfalls klappt, muss man den Umgang mit dem LVS-Gerät und die effiziente Suche perfekt beherrschen. Grundvoraussetzung dafür: Wissen, wie die Verschüttetensuche grundsätzlich abläuft, und intensives, regelmäßiges Üben!

Vor Beginn der Suche darf kein anderes Gerät der Rettenden noch senden, also alle Geräte auf Suchen oder Aus stellen! Dann wirft man zuerst einen Blick über das Lawinenfeld: Ragen Körper- oder Ausrüstungsteile der verschütteten Person aus dem Schnee? Ist nichts zu sehen, verläuft die Arbeit mit dem LVS-Gerät in drei Phasen (Abb. 1).

Tipps:

  • Signalsuche: im Lauftempo

  • Grobsuche: immer langsamer gehen

  • Feinsuche: langsam, präzise, dicht über dem Boden, VS-Gerät nicht mehr drehen!

  • VS-Suche, vor allem Feinsuche, häufig üben, auch in der Gruppe

1) Signalsuche:

Empfängt man am Startpunkt der Suche (Rand des Lawinenfeldes oder Verschwindepunkt) noch kein Signal (kein Ton, keine Meterangabe auf dem Display), startet die systematische Suche nach dem Erstempfang. Hierfür läuft man das Lawinenfeld in Mäandern ab – 10 Meter Abstand zu den Rändern, 20 Meter zwischen den Bahnen. Sind mehrere Retter beteiligt, können diese mit den gleichen Abständen das Feld geradlinig ablaufen. Das Tempo in dieser Phase der Suche soll maximal hoch sein! Hat man ein erstes deutliches Signal, wird dieses markiert (z.B. mit Skistock) und die nächste Suchphase beginnt. Es kann vorkommen, dass das Gerät ein erstes Signal empfängt, aber noch keine sinnvolle Richtungsführung (s.u.) bietet. In diesem Fall die Signalsuche noch ca. 5-10 Meter über den Erstempfang fortführen!

2) Grobsuche:

Nun nähert man sich zielgerichtet dem Verschütteten. Bei Erstempfang erscheinen auf dem Display des LVS-Geräts meist Werte von 30-50 Meter. Das ist nicht die reale Entfernung zum Verschütteten, eher ein qualitativer Hinweis. In der Grobsuche arbeitet man mit diesen Entfernungsangaben und den angezeigten Richtungspfeilen. Das Gerät vor dem Bauch haltend, bewegt man sich so, dass der Richtungspfeil immer genau in der Mitte ist. In der Regel wird man nicht geradlinig zum Verschütteten geleitet, sondern muss immer wieder anhand der Pfeile die Richtung nachjustieren. Mit der Bewegung müssen die Entfernungsangaben kleiner werden! Werden sie größer, um 180° drehen und in die andere Richtung laufen! Das Arbeitstempo in dieser Suchphase nimmt mit der Entfernung ab: anfangs laufend, ab ca. 20 Meter schnell gehend, ab ca. 10 Meter normal gehend, zuletzt langsam gehend. Wer zu schnell ist, läuft Gefahr, am Verschütteten vorbeizulaufen, denn das Gerät braucht eine gewisse Zeit, um die empfangenen Signale in Distanz- und Richtungsangaben umzurechnen. Bei 5 Meter oder spätestens, wenn die Pfeilanzeige am Gerät erlischt, endet die Grobsuche und die schwierigste Suchphase beginnt.

3) Feinsuche:

Bei der „Feinsuche“ wird der vermutliche Liegepunkt „eingekreuzt“. Egal ob man mit einem analogen (o.) oder digitalen (u.) LVS-Gerät arbeitet: Immer sucht man den „besten Wert“ – also das lauteste Signal oder die niedrigste Zahl. Nach der Längsachse geht man die Querachse ab; am dortigen Bestpunkt kommt die Sonde zum Einsatz. (Abb. 2) Illustration: Georg Sojer

Bei einer Anzeige von 5 Metern richtet man sich noch einmal an den Richtungspfeilen aus, dann werden sie ignoriert oder bei neueren Geräten ausgeblendet. Nun geht es im sogenannten Kreuzlinienverfahren weiter (Abb. 2): Ganz langsam und ohne Position und Bodenabstand des Gerätes zu verändern, fährt man dicht über dem Boden einer imaginären Längsachse entlang. Dabei achtet man nur auf die Distanzanzeige und den geringsten angezeigten Wert. Steigen die Werte wieder, fährt man die Längsachse dennoch ein Stück weiter (ca. eine Körperlänge oder 3-4 größere Werte), um sicher zu gehen, dass man wirklich den geringsten Wert gefunden hat. Von diesem „Bestwert“ aus führt man das Gerät nun entlang einer Querachse, also rechtwinklig zur vorherigen Linie. Gerät in unveränderter Position, dicht über dem Boden und in langsamem Arbeitstempo sucht man auch hier den geringsten Anzeigenwert. Werden die Werte größer, kehrt man gleich um und folgt der Achse in die andere Richtung; werden sie kleiner, geht man zwei Werte über den kleinsten Wert hinaus, um wiederum sicherzustellen, dass kein „besserer“ Wert kommt. Am so gefundenen Bestwert beginnt man im Anschluss mit dem Sondieren und Graben. Im Idealfall sollte der Minimalwert mit einer Längsachse und einer Querachse gefunden sein. Es hat keinen Sinn, auf einer Fläche von 10x10 Zentimetern den allerallerbesten Wert und exakten Liegepunkt zu suchen, das geht mit Sondieren viel schneller und genauer. Nur wenn der Minimalwert auf der Querachse deutlich (1 - 1,5 Meter) zur ursprünglichen Längsachse versetzt ist, sucht man von diesem Punkt entlang einer weiteren Längsachse nach dem geringsten Wert – dann hat man sich vermutlich vor der Feinsuche nicht nach den Pfeilen des Gerätes ausgerichtet.

Üben:

Das gesamte Suchszenario wie auch die einzelnen Phasen lassen sich perfekt üben. Zuerst auf der grünen Wiese mit unter Blumentöpfen verstecktem Gerät. Dann mit unter dem Schnee vergrabenem Rucksack mit eingeschaltetem(!) LVS-Gerät. Bis hin zu kompletten Lawinenrettungsszenarien in der Gruppe. Wer diese Übungsmöglichkeiten intensiv ausschöpft, hat Chancen, im Notfall Leben zu retten!

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