Mit der richtigen Technik sicher und freudig wieder gen Tal. Foto: DAV/Daniel Hug
Mit der richtigen Technik sicher und freudig wieder gen Tal. Foto: DAV/Daniel Hug
In Powder & Firn, Harsch & Eis

Sicher abfahren auf Skitouren

Der Aufstieg ist geschafft und im Idealfall werden wir mit guter Aussicht und leckerer Brotzeit belohnt. Mit den nötigen Kraftreserven und Abfahrtstechniken stehen die Chancen gut, auch den Weg zurück zur Hütte oder ins Tal ohne Verletzungen und mit viel Genuss zu meistern.

Die richtige Abfahrtstechnik hängt dabei von den jeweiligen Schneebedingungen ab. Damit das Skifahren im Gelände wirklich genussvoll ist, bedarf es viel Übung – auch auf der Piste, denn dort lassen sich vor allem die Grundlagen sehr gut erproben und eintrainieren. Wer so gerüstet das hochwertige Kurvenfahren ohne Einschränkungen beherrscht, kann sich an wechselnden Geländebedingungen üben.

Das Skifahren im Gelände unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Skifahren auf der Piste. Jedoch bedürfen unterschiedliche Situationen eine Anpassung der Grundmerkmale (z. B. Spur- und Tempowahl, offene versus geschlossene Skistellung) und auch der Bewegungsspielräume in punkto Bewegungstiming, -umfang sowie Bewegungsrichtung.

Fahren im Tiefschnee – Powder

Unberührter Pulverschnee – wohl das Non-plus-Ultra für die meisten geübten Skitourengeher*innen. Mit der Entwicklung hin zu breiteren, taillierten Ski sowie hin zu stabileren Skistiefeln hat sich auch die Abfahrtstechnik verändert: größere Radien und ein höheres Tempo sind möglich, auch die Spur kann leichter gewählt werden. Grundlegende Technikelemente bleiben jedoch erhalten.

Während auf der Piste das Kurvenfahren vergleichsweise mühelos möglich ist, bedarf es im Gelände einer größeren Beinkraft. Denn erst so können die Ski auch im Tiefschnee gedreht und die Abfahrt in gleichmäßigen Kurven gemeistert werden. Genussvolles Tiefschneefahren bedarf außerdem einer erhöhten allgemeinen Körperspannung und Ausdauer. Genauso wichtig sind ein gut ausgeprägtes Gleichgewichtsvermögen, hohe Beweglichkeit und Sensibilität zur Belastungsregulation.

Gegenüber der Grundtechnik verändert sich das Fahren im Tiefschnee wie folgt:

  • Rhythmische Bewegungen verstärken.

  • Tendenziell größere Radien bei höherem Grundtempo.

  • Tendenziell engere Skistellung (für mehr Auftrieb, abhängig von Schneetiefe und Skibreite).

  • Etwas verzögertes Timing der Bewegungen, da der Druckaufbau erst später beginnt.

  • Der Umfang der Bewegungen nimmt mit der Schneetiefe und/oder kleineren Radien zu.

Fahren im verspurten Schnee

Statt mit unberührtem Powder aufzuwarten, zeigen sich die Hänge auch beim Skitourengehen oft schon mehr oder weniger stark „zerfahren“. Schnee kann hier locker aufliegen oder verfestigt sein. Auf kleinem Raum bedeutet das immer wieder wechselnde Bedingungen – ein ideales Übungsgelände, um die eigenen Fähigkeiten zu trainieren.

Gegenüber der Grundtechnik verändert sich das Fahren im verspurten Schnee wie folgt:

  • Tendenziell größere Radien bei höherem Grundtempo.

  • Hohe Körperspannung bei kompakterer Grundposition, um Veränderungen des Untergrundes zu kompensieren.

  • Variable Skistellung (Abwägung zwischen Kanten und somit Führung bzw. Auftrieb).

  • Timing der Bewegungen früher, um raschen Druckaufbau zu gewährleisten und damit die Kontrolle der Ski zu verbessern.

Fahren in verspurtem Schnee. Foto: Rudi Salger. Aus Alpin-Lehrplan 4, Skibergsteigen Freeriding

Fahren im Bruchharsch

Bruchharsch ist oft wenig beliebt: die Festigkeit der Schneedecke wechselt ständig; unter der oberen Schneedecke verbirgt sich häufig weicher Schnee, der präzises Kurvenfahren erschwert. Während die einen versuchen, in solchen Situationen über die Oberfläche zu gleiten, versuchen andere, durch dynamisches Aufrichten den Berg „hinunterzuhüpfen“.

Abhängig von den Bedingungen verändert sich gegenüber der Grundtechnik das Fahren im Bruchharsch wie folgt:

  • Kleinere Kurven und geringeres Tempo.

  • Großer vertikaler Bewegungsumfang (durch dynamisches Aufrichten bewegt sich der Körperschwerpunkt im Kurvenwechsel v. a. nach oben und nur gering nach vorne).

  • Beine sehr dynamisch strecken und über der Schneeoberfläche stark andrehen.

  • Offene Skistellung für mehr Stabilität beim Abspringen und Landen.

Allgemein fährt sich Bruchharsch einfacher, wenn man dem Hang mit einer betont rhythmischen Fahrweise und hohem muskulären Einsatz begegnet. Einzig leichte Personen haben mitunter die Chance, an der Schneeoberfläche zu bleiben und können dann dort weiche, fließende Bewegungen vollführen.

Fahren bei harten und eisigen Schneeverhältnissen. Foto: Rudi Salger. Aus Alpin-Lehrplan 4, Skibergsteigen Freeriding

Fahren im harten und eisigen Schnee

Um auf sehr hartem Schnee gut bergab zu gelangen, kommt der Skiausrüstung eine entscheidende Rolle zu: Haben die Ski keinen Kantengriff oder sind die Ski sehr weich konstruiert, ist ein kontrolliertes Fahren nahezu unmöglich. Auch wenig steife Skistiefel und damit verbundene mangelnde Kraftübertragung erschweren das Fahren unter derlei Bedingungen.

Beim Fahren im harten und eisigen Schnee ist der gezielte Krafteinsatz wichtig; mit einem großen Kantwinkel lässt sich Kontrolle über die Ski und Sicherheit verschaffen. Gegenüber der Grundtechnik verändert sich das Fahren wie folgt:

  • Starkes Aufkanten mit hoher Körperspannung.

  • Geringeres Tempo und kleinere Radien mit größerem Kurvenwinkel, d. h. deutliches Hinausfahren aus der Falllinie.

  • Offene Skistellung.

  • Druckaufbau so früh wie möglich auf der Innenkante des neuen Außenskis.

Wer versiert auf Skitouren mit wechselnden Verhältnissen unterwegs ist, kommt auch mit weiteren Techniken in Berührung – zum Beispiel dem Befahren steilen Geländes oder enger Passagen und Rinnen. Dazu ausführlicher im Alpinlehrplan Skibergsteigen.

Weiterführende Literatur:

"Skibergsteigen-Freeriding. Alpin-Lehrplan 4" von Peter Geyer, Jan Mersch und Chris Semmel, Rother Bergverlag, ISBN 978-3-7633-6091-8

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