Bergwissen: Orientierungs-Apps

Mit Ziel und Plan

Ist es leichtsinnig den Umgang mit Karte, Planzeiger und Kompass zu vernachlässigen? Mag sein. Sich gegenüber technischen Entwicklungen wie Orientierungs-Apps völlig zu verschließen, ist jedoch ebenso unsinnig.

Welche Apps zur Orientierung gibt es?

Orientierungs-Apps gibt es als Stand-Alone-Produkte oder in Kombination mit einem Webportal. Dabei unterscheiden sich die Apps v.a. hinsichtlich Funktionsumfang und Preis:

Kategorie

Art der App

Beispielprodukte

A

App mit reiner Kartenansicht

Twonav, Lokus Map, Austrian Map Mobil

B

App mit Karten und Tourenbeschreibungen

Ape@Map, Kompass, Strava, Phone Maps

C

App mit guten Karten, Tourenbeschreibungen und Webportal – je nach Version auch Zusatzinfos wie Lawinenlage oder Wetterprognosen

Komoot, Alpenvereinaktiv (Basic/Pro/Pro+), Outdooractive, FatMap, White Risk, swisstopo-App (kein Webportal)

Apps mit kostenlosen Karten auf Basis von Open Street Map eignen sich, solange man auf markierten Wanderwegen und Mountainbiketrails unterwegs ist. Apps für den alpinen Bereich haben einen erweiterten Funktionsumfang und sind in der Regel kostenpflichtig. Sie erleichtern die Tourenplanung und das Navigieren im weglosen Gelände. Vor einer Anschaffung lohnt es sich in jedem Fall, diese Apps auf die eigenen Bedürfnisse hin zu überprüfen: Testversionen ausprobieren!

Bei älteren GPS-Geräten ohne Bluetooth kann der Routenverlauf aus der App mittels Kabel übertragen werden. Foto: Martin Prechtl

Welche Erleichterungen bieten Orientierungs-Apps für alpines Gelände (Kategorie C)?

  • Anzeige des aktuellen Standorts.

  • Hochwertige digitale Karten oder Swisstopo-, IGN und AV-Karten als Grundlage.

  • Verlässliche Zusatzlayer, wie Hangneigung und Skirouten.

  • Zugriff auf veröffentlichte Tourenbeschreibungen inkl. Tracks.

  • Möglichkeit zur eigenen Planung des Routenverlaufs auf der Karte am PC/Laptop, Dokumentation der Planung, Übertragung auf die App bzw. das Smartphone.

  • Automatische Berechnung von Wegzeit, Distanz, Höhenmeter und Hangsteilheit.

  • Verknüpfung von Informationen: Tour, Hüttenöffnungszeiten, Wetter, evtl. auch aktuelle Bedingungen (z.B. Lawinenlage).

  • Unkomplizierte Navigation: Routenverlauf mit Richtungspfeilen, akustische Unterstützung.

Wo liegen die Probleme?

  • Man wird evtl. zu flüchtiger Planung und unzureichendem Kartenstudium verleitet.

  • Ohne Strom nix los!

  • Anfälligkeit der Endgeräte: Beschädigung durch Nässe, Felsen, Kälte + kontrastarme Displays.

  • schwierige Interaktion mit Tourenpartner*in oder Gruppe (kleiner Bildschirm).

  • mangelnde Austauschbarkeit: Alle können mit AV-Karten aus Papier umgehen, aber mit dem Smartphone der Tourenpartner*innen?

  • Digitale Kette: Mit Auto-Navi zum Ausgangspunkt, mit App oder GPS auf den Berg – da beleibt die Grund-Orientierung gerne mal auf der Strecke.

  • Software aktualisiert? Endgerät veraltet?

Welche Smartphones eignen sich besonders bei der Verwendung von Orientierungs-Apps?

  • Smartphones zeichnen sich durch eine hohe Rechenleistung aus. Im Nu sind Karten klein oder groß gezoomt. Ein echter Zeitgewinn beim Orientieren im Gelände!

  • Die meisten Exemplare sind allerdings für die Anwendung im urbanen Raum konstruiert. Bei widrigen Verhältnissen kommen sie an ihre Grenzen. Schutz bieten robuste Hüllen von Herstellern wie Otterbox oder Lifeproof, Halterungen (für MTB) gibt es z.B. von Peak Design.

  • Outdoor-Smartphones sind dagegen von Haus aus widerstandsfähiger. Sie trotzen Staub, Stößen und Wasser. Die Schutzklasse IP68 gilt bei den Outdoorhandys derzeit als Standard, besser ist IP69. Die erste Ziffer hinter IP steht für den Schutz gegen Fremdkörper, 6 ist sehr gut. Die zweite Ziffer steht für den Wasserschutz, 9 ist optimal. Findet sich hinter der zweiten Ziffer ein K, also z.B. IP69K, so weist das Gerät auch eine Resistenz gegen Wasserdampf auf.

  • Achtung: Große Displays verbrauchen mehr Strom und sind schwieriger mit einer Hand zu bedienen als kleine Displays!

  • Manche Outdoorhandys, wie z.B. das Samsung Galaxy Xcover 6 Pro bieten ein Wechselakku-System.

Wie lässt sich die Akkulaufzeit von Smartphones für das Navigieren erhöhen?

Die meiste Energie beim Smartphone verbraucht das Display (ca. 80 %). Deshalb:

  • Einstellungen bearbeiten, so dass der Bildschirm bei Inaktivität rasch verdunkelt.

  • Tastensperre aktivieren.

  • Displayhelligkeit anpassen: Nur so hell wie nötig.

  • Display so wenig wie möglich verwenden.

Um bei schwacher Netzabdeckung eine Verbindung zum Netz herzustellen, benötigen Smartphones ebenfalls viel Strom. Deshalb:

  • Offline-Karten und -Inhalte verwenden (Reduzierung des Datenverkehrs).

  • Mobile Daten deaktivieren (Über Telefon + SMS ist man weiterhin erreichbar).

  • Flugmodus aktivieren. Wer jedoch allein unterwegs ist, sollte wissen, dass dann die Handy-Ortung bei einer Suchaktion nicht funktioniert.

Die Akkus von Handys sind je nach Hersteller mehr oder weniger kälteempfindlich. Deshalb:

  • Gerät vor einer Tour komplett laden und für mehr Wärme am Körper tragen.

  • Bei längeren bzw. kälteren Touren ist eine Powerbank zum Wiederaufladen des Smartphones sehr hilfreich.

  • Achtung: Auch Powerbanks müssen voll geladen sein und warmgehalten werden.

  • Besonders praktisch: Powerbanks, die in die Handyhülle integriert sind (Batteriehüllen).

Batteriehüllen fürs Smartphone sorgen für Stromreservere auf Tour. Foto: Martin Prechtl

Welche Sicherheitsvorkehrungen sollte man treffen?

  • Wer eine Orientierungs-App nutzen will, muss sich mit ihr vertraut machen. Hilfe: Tutorials z.B. auf Youtube.

  • Steigt der Anspruch der Unternehmung, genügt es nicht, den ungefähren Routenverlauf zu kennen und die benötigte Zeit abzuschätzen. Gerade wer aus Mangel an Vorbereitungszeit veröffentlichte Tracks übernimmt, läuft Gefahr, entscheidende Informationen zu vernachlässigen. Eine seriöse Tourenplanung hat nicht nur den Berg, sondern auch den Menschen im Blick. Außerdem wichtig: Ausrüstung und Tourenalternative.

  • Schlechte Sicht ist ein veritabler Grund umzukehren oder gar nicht erst aufzubrechen.

  • Kälteschutz nicht nur für Smartphones, sondern auch für die Finger: Handschuhe verwenden, mit denen der Touch-Screen bedient werden kann.

Technische Redundanzen:

  • Papierkarte und Tourenbeschreibung, Kompass, Höhenmesser, evtl. Marschzahlen.

  • GPS-Handgerät oder GPS-Uhr als Backup. Die Daten der Orientierungs-App zum Routenverlauf lassen sich im Vorfeld z.B. problemlos auf GPS-Geräte von Garmin via Bluetooth oder Kabel übertragen.

  • Track-Aufzeichnung inkl. Track-Back-Funktion – am besten auf dem Gerät der Tourenpartner*innen.

  • Achtung: Lithium-Batterien und Akkus der Ersatzgeräte müssen ebenfalls warmgehalten werden!

  • Notruf über Notruf-App, z.B. SOS-EU-ALP (Bayern, Tirol, Südtirol) oder Echo SOS

Soziale Redundanzen:

  • Familie, Freund*innen, Bekannte oder die Wirtsleute über die geplante Unternehmung informieren.

  • Tourenpartner*innen miteinbeziehen: Wegverlauf anhand der Papierkarte besprechen.

  • Tourenplanung digital teilen: Entweder von App zu App oder von App zu GPS-Gerät (vgl. oben).

Themen dieses Artikels