Panoramafoto mit der prägnanten Felspyramide des Matterhorns.
Die besondere Ausstrahlung des Matterhorns ist erhalten geblieben. Foto: Christophe Schindler/Pixabay
Legenden der Schweiz

Vom Rollibock und Sennentuntschis

Die Schweiz – das kleine Alpenland scheint mit seinen zahlreichen Seen, kleinen Dörfern und hohen Alpengipfeln geradezu prädestiniert für die Entstehung von Legenden. So ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche existieren – und es von jeder auch noch zahlreiche Varianten gibt. Im folgenden stellen wir euch ein paar davon vor.

Der Rollibock vom Aletschgletscher

Für die Region ist der Rollibock heute weniger Sagengestalt als vielmehr Maskottchen. Die Sage jedoch gehört zu einer der ältesten im Wallis und kann schon mal zum Fürchten dienen. Am Ende nämlich wird der Mensch für seine Habgier und die Zerstörung der Natur bestraft.

Aber von vorne: Vor langer Zeit machte sich ein Jäger aus dem Fieschertal auf, um am Großen Aletschgletscher Bergkristalle zu sammeln. In seiner Gier zerstört er jedoch einen großen Teil davon. Als der Mann am nächsten Morgen auf die Jagd geht und neben einem prächtigen Bock auch eine Gams mit ihrem Zicklein schießt, scheint er den Zorn des Rollibocks zu wecken. Bei seiner Rückkehr zum Gletschersee nämlich erwartet ihn ein Fährmann, der ihn in Rettung vor dem aufziehenden Sturm an das Ufer des Aletschgletschers bringen will. Statt ans Ufer steuert das Boot jedoch geradewegs in den Gletscher hinein, wo der Fährmann die Gestalt eines Bocks mit großen Hörnern und feurigen Augen annimmt, sein ganzer Leib statt mit Haaren mit Eiszapfen behängt. Als Strafe für die Zerstörung versenkt der Rollibock den Jäger im eisigen Wasser des Gletschersees. Der See dagegen ergießt sich mit zerstörerischer Kraft ins Tal und überschwemmt Wiesen, Felder und Äcker.

Die Wildkirchli-Sage

Die Sage erzählt die Entstehung der drei Wildkirchli-Höhlen im Alpstein. Demnach tanzten auf der Ebenalp in mondhellen Nächten die Hexen. Ein Hirtenbub wollte auch mittanzen, musste aber zuerst in einem Buch seine Seele dem Teufel verschreiben. Dort unterschrieb er jedoch mit den drei höchsten Namen, was den Teufel derart in Wut versetzte, dass er in die Felswand hineinkroch. Der Knabe folgte ihm mit dem Buch durch den Fels, bis der Teufel auf der Ebenalp wieder ans Tageslicht kam. So entstanden die Höhlen.

Die Hexen tanzen auf der Ebenalp. Illustration: Marmota Maps

Eine alternative Überlieferung besagt, dass der Bub mit einem Kreuz unterschrieb, um seine Gläubigkeit zu zeigen. Daraufhin wurde der Teufel so wütend, dass er drei Löcher in die Felswand schlug: die heutigen Wildkirchli-Höhlen.

Schweizer Sennentuntschi

Das Sennentuntschi ist eine Frauenpuppe aus Stroh, ein Sagenmotiv, das in weiten Teilen des Alpenraums bekannt ist. Eine blutige Geschichte, die nichts für schwache Nerven ist!

Allein auf der Alp vertreiben sich die Sennen ihre Zeit mit Träumereien, insbesondere von ihren Frauen im Dorf, die damals auf der Alp nichts zu suchen hatten. Eines Tages bringt der Meistersenn eine Puppe aus Stroh mit blonden Haaren, die schon bald mit am Tisch sitzt, zum Tanz gebeten wird und nachts von Mann zu Mann gereicht wird. Als sie den Entschluss fassen, ihr Tuntschi zu taufen, nimmt das Entsetzen seinen Lauf. Die Puppe öffnet die Augen und fordert fortan ihren Tribut an Vorräten und Aufmerksamkeit. Wütend versuchen die Sennen, sich ihrer zu entledigen, aber egal, ob sie es in Stücke rissen oder in eine Schlucht stürzten – am nächsten Tag sitzt das Tuntschi wieder mit am Tisch. Und so gewöhnen sich sich an die Anwesenheit der Puppe. Doch mit ins Dorf nehmen, wollen sie das Tuntschi natürlich nicht und schleichen sich eines Tages still und heimlich davon. Das merkt die Puppe natürlich schnell und fordert, dass einer der Männer zu ihrer Gesellschaft auf der Alp bleibt. Die anderen flüchten ins Tal. Als sie sich ein letztes Mal umdrehen, sehen sie gerade noch, wie das Sennentuntschi die Haut des Meistersenns zum Trocknen ans Dach der Hütte nagelt. Die blutigen Überreste bleiben auf dem Boden liegen.

Die Bienen-Sage von Klosters

Die Gemeinde Klosters bei Davos hat ihren Namen von dem im Jahr 1222 erstmalig erwähnten Klösterli im Walt. Der Sage nach war dieses Kloster eines Tages von einem österreichischen Heer bedroht. Verzweifelt fragten die zwölf Mönche Gott, wie sie das Kloster vor der Eroberung durch die Österreicher bewahren können. Der Rat war, die Bienenstöcke über die Mauern zu werfen. Und tatsächlich vertrieben die aufgebrachten Bienen die Angreifer, deren Vorräte und Habseligkeiten blieben zurück. Dankbar erbauten die Mönche eine neue, noch schönere Kirche.

Die Bienen vertrieben die Angreifer des Klosters. Illustration: Marmota Maps

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