Zwei Menschen laufen auf Weg vor Felswand
Draußen klettern ist anders - den Fels teilt man sich mit Wanderfalke, Uhu und Co. Foto: DAV/Michael Meisl
Naturverträglich klettern in Deutschland

Klettern und Vogelschutz

Klettern boomt! Aber nicht nur in Kletterhallen, auch an Naturfelsen erfreut sich das Klettern großer Beliebtheit. Dass man in Deutschland an über 4000 Wänden und Türmen in der Natur klettern darf ist nicht selbstverständlich. Denn viele Felsen unserer Mittelgebirge sind Rückzugsgebiete für seltene und geschützte Tier- und Pflanzenarten. Daher sind Regelungen zum naturverträglichen Klettern sinnvoll und nötig.

Nicht nur bei Vögeln, auch bei Kletterfans stehen hohe, freistehende Felsen hoch im Kurs. Aber welchen Einfluss hat das Klettern auf die Tiere? Eines ist klar: Ohne Lenkungsmaßnahmen hätte der Sport das Potenzial, die Felsbrüter an vielen Orten zu stören. Zum Beispiel können sich die Vögel so bedrängt fühlen, dass sie ihre Brut unterbrechen und die Eier dadurch auskühlen. Daher sind bundesweit jährlich rund 300 Felsen während der Brutzeit von Wanderfalke, Uhu, Kolkrabe und Dohle gesperrt.

Die Sperrzeiten reichen von Januar/Februar bis Juni/Juli – je nach Vogelart, örtlichen Gegebenheiten und Brutverlauf. In fast allen Klettergebieten beraten Vogelkundler*innen und Kletternde Jahr für Jahr über die notwendigen Sperrungen. Hinweise zu Vogelbruten kommen inzwischen nicht selten von naturverbundenen Kletternden selbst. Die Zusammenarbeit ist enorm wichtig, denn viele Vogelarten sind zwar nicht mehr vom Aussterben bedroht, benötigen aber weiterhin Schutz und Rücksichtnahme.

Wie Klettern und Naturschutz Hand in Hand gehen können, zeigen die folgenden Beispiele aus beliebten Klettergebieten in Deutschland. 

Erfolgreiche Best-Practice-Beispiele:

Nördlicher Frankenjura - Runder Tisch Vogelschutz

Jeden Winter trifft sich der „Runde Tisch Vogelschutz“ im Nördlichen Frankenjura. Mit dabei sind Vertreter*innen des Landesbundes für Vogelschutz, der IG Klettern und Felsbetreuer*innen des DAV. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre werden die üblicherweise von Wanderfalke, Uhu und in Einzelfällen auch Kolkrabe bebrüteten Felsen zu Jahresbeginn gesperrt. Das sind im Frankenjura immerhin rund 50 Stück! Im Lauf der Brutsaison werden die Sperrungen fortlaufend an das Brutgeschehen angepasst. Erfreulich: Zahlreiche Vogelbruten werden inzwischen von Kletternden gemeldet. Oft verzichten diese auch bei Bruten weniger sensibler Vögel wie Meisen freiwillig darauf, bestimmte Routen oder Wandbereiche zu beklettern.

Übliche Sperrzeit: Wanderfalke und Kolkrabe 1. Februar bis 30. Juni, Uhu 1. Januar bis 31. Juli, ig-klettern.orgdav-felsinfo.de

Pfälzer Wald - Fachgruppe Vogelschutz und Felssperrungen

Auch in der Pfalz hat das Zusammenspiel zwischen Vogelschutz und Klettern eine lange Tradition. Manche der Menschen, die in der Pfalz klettern, sind schon selbst zu Profis für Uhu, Wanderfalke und Kolkrabe geworden und auch hier werden viele Bruten von den Kletternden selbst entdeckt und gemeldet. Welche Felsen in der jeweiligen Saison gesperrt werden, entscheidet die „Fachgruppe Vogelschutz und Felssperrungen im Pfälzer Wald“.

Übliche Sperrzeit: 1. Februar bis 1. Juli, Kolkrabe bis 1. Juni, pfaelzer-kletterer.dedav-felsinfo.de

Elbsandsteingebirge - Wanderfalkenbewachung in der Sächsischen Schweiz

Um eine ungestörte Vogelbrut zu ermöglichen, bewachen seit vielen Jahren Mitglieder des Sächsischen Bergsteigerbundes (DAV) ehrenamtlich die Zu- und Einstiege an ausgewählten Kletter- und Brutfelsen im Elbsandsteingebirge. Vor allem an Wochenenden und Feiertagen mit viel Betrieb wird so gewährleistet, dass es zu keiner Störung kommt, die den Nachwuchs gefährdet. Im Elbsandsteingebirge brüten u.a. Wanderfalken, Uhus und Schwarzstörche.

Übliche Sperrzeit: Wanderfalke 15. Februar bis 30. Juni, Uhu 15. Januar bis 15. August, bergsteigerbund.dedav-felsinfo.de

Odenwald - Beringungsaktionen mit Kletternden

Die AG Klettern und Naturschutz Odenwald e.V., eine Sektionengemeinschaft des DAV, kümmert sich u.a. um das Thema Klettern und Vogelschutz im Odenwald. Im größten und bekanntesten Klettergebiet des Odenwaldes, dem Schriesheimer Steinbruch, wurde in Zusammenarbeit mit Vogelexpert*innen ein Nistkasten für Wanderfalken in der Wand installiert, der gerne angenommen wird. Die AG half auch bei Beringungsaktionen in der Vergangenheit tatkräftig mit.

Übliche Sperrzeit: 1. Februar bis 15. Juli, ag-klettern-odenwald.dedav-felsinfo.de

Niedersachsen - Monitoring und Verbesserung von Brutplätzen

Brutplätze werden in Absprache mit Unterer Naturschutzbehörde und Staatlicher Vogelschutzwarte durch die Vogelschutzbeauftragten von IG Klettern und DAV abgesperrt. Findet keine Brut statt oder sind die Jungvögel bereits ausgeflogen, wird die Sperrung vorzeitig aufgehoben. Das funktioniert hervorragend und über die Jahre hat sich ein echtes Vertrauensverhältnis zwischen Kletternden und Vogelschützer*innen aufgebaut. IG und DAV richten auch gezielt Brutplätze in Steinbrüchen her oder verbessern diese.

Übliche Sperrzeit: 1. Februar bis 31. Juli, dav-nord.orgig-klettern-niedersachsen.dedav-felsinfo.de