Drei Wandernde auf dem Jubiläumsgrat
Der Jubiläumsgrat führt von der Zugspitze über die Alpspitze zum Osterfelderkopf. Foto: DAV/Hans Herbig
Klassiker: Jubiläumsgrat

Ein Grat zum Jubeln

Große Himmelslinie über Garmisch-Partenkirchen: Der Jubiläumsgrat zwischen Zugspitze und Alpspitze ist berühmt und wird oft begangen - doch viele überschätzen sich. Welche Fähigkeiten muss man mitbringen? Welche Schlüsselstellen gilt es zu meistern?

Die Tour im Überblick

  • Zugspitze (2962 m)

  • Jubiläumsgrat: PD, III- (Stellen)

  • KS D, T6

  • Ca. 800 Hm Aufstieg

  • 1700/2000 Hm Abstieg (Osterfelderkopf/Kreuzeck)

  • Dauer 8-12 Std.

Höhenprofil vom Jubiläumsgrat, Quelle: DAV

Großartige und lange Überschreitung

Den zackigen Felsgrat von der Zugspitze Richtung Hochblassen hatte 1897 Ferdinand Henning im Alleingang erstbegangen, eine lange Kletterei bis zum guten dritten Grad. Doch schon 1894, zum 25. Gründungsjubiläum, war die Linie Teil von Plänen der DAV-Sektion München gewesen, die Hütten an ihrem Hausberg mit einem Klettersteignetz zu ergänzen. Von 1909 bis 1915 wurde aus dem Grat die heutige wilde Mischung aus Klettersteigpassagen und ernsthaftem alpinem Klettergelände – nicht ohne Diskussionen um alpine Ethik, Erschließung und Unfallprävention. Heute genießt der „Jubelgrat“ einen berechtigten Ruf als großartige, lange Überschreitung – und verleitet derart viele zur Selbstüberschätzung, wie es selbst die härtesten damaligen Kritiker nicht erwartet hätten: Im Sommer muss die Bergwacht fast täglich Menschen wegen Überforderung vom Grat pflücken.

Karte: Jubiläumsgrat, Quelle: Rolle Kartographie

Ist der "Jubelgrat" ein Klettersteig?

Zur Klarstellung: Der Jubiläumsgrat ist kein Klettersteig – wer meint, hier mit dem Klettersteigset korrekt gewappnet zu sein, ist fehl am Platz. Alpine Erfahrung, Gewandtheit im Bruchklettern und auf Rollsplitt, Kondition für viele Stunden Konzentration im Absturzgelände: Dann – und nur dann, aber dann gewiss – ist der Jubelgrat ein Grat zum Jubeln.

Infos zum Jubiläumsgrat

  • Talort: Garmisch-Partenkirchen (700 m)

  • Startpunkt: Zugspitze (2962 m), hierher per Seilbahn vom Eibsee oder übers Höllental (2200 Hm, T5, KS B, 5-7 Std.) oder von Ehrwald über den „Stopselzieher“ (1650 Hm, T4, KS A, 4-6 Std.)

  • Endpunkt: Osterfelderkopf (2060 m) oder Kreuzeckhaus (1650 m), von hier per Seilbahn ins Tal oder zu Fuß in 2-4 Std.

  • Hütten: Münchner Haus (2959 m) am Zugspitzgipfel; Kreuzeckhaus (1650 m) als optionaler Endpunkt. Die Biwakschachtel (2684 m) am Grat bietet spartanischen Unterschlupf im Notfall.

  • Führer: Härter/Beulke/Pfanzelt: Wetterstein und Mieminger Kette, Bergverlag Rother, München

  • Karte: AV-Karte 1:25.000, Blatt 4/2, Wetterstein- und Mieminger Gebirge

  • Beste Zeit: Juli bis September

  • Besondere Ausrüstung: griffige, solide Schuhe, Helm, Klettergurt, Klettersteigset

Wettersteingebirge mit Jubiläumsgrat und eingezeichneter Route mit Teilstücken, Foto: Dr. Jörg Bodenbender/bodenbender-verlag.de

1. Teilstück: Zugspitze – Innere Höllentalspitze:

  • 3-4 Std., KS B-C, Klettern II bis III
    Abstieg mit etlichen Zwischenanstiegen an Grattürmen, sparsam mit Drahtseilen versehen, viel freies, teils ausgesetztes Gehen und Klettern (I – II) auf und ab in teils brüchigem Fels mit Schuttauflage, eine steile Abstiegsstelle streift den dritten Grad. Sehr alpines Ambiente – und wenn man mit der Seilbahn auf knapp 3000 Meter hochgefahren ist, kann man die Höhe schon mal zu spüren bekommen. Zur Inneren Höllentalspitze hinauf wartet das längste Aufstiegsstück am Grat, teilweise mit Drahtseilen gesichert, leichte Kletterei (I, evtl. kurz II). Trotz schrägen Verlaufs heißt es auf Steinschlag achten, wenn andere oberhalb sind. Durch die Westexposition kann es hier am Vormittag kalt sein, Vorsicht bei Schneeresten!

  • Taktiktipp 1: Eine Übernachtung auf dem Münchner Haus am Zugspitzgipfel gibt dem Körper Zeit, sich an die Höhe anzupassen, und vermeidet durch frühen Start Zeitdruck auf der Tour.

  • Taktiktipp 2: Wer sich in dem Gelände unwohl fühlt und das Bedürfnis hat, ein Klettersteigset zu verwenden, dreht am besten gleich hier um; wer hier überall das Drahtseil einhängt, hat keine Chance, in vernünftiger Zeit durchzukommen.

Die höchsten Kletterschwierigkeiten am Jubiläumsgrat: steile Abstiegsstelle mit Tiefblick zum Zugspitzplatt kurz vor dem Anstieg zur Inneren Höllentalspitze, Foto: DAV/Hans Herbig

2. Teilstück: Innere Höllentalspitze (IHS) – Biwakschachtel

  • 1-1 ½ Std., KS B, Stellen I
    Ein etwas erholsameres Stück mit flachen Passagen und viel Gehgelände, vor allem nachdem die Mittlere Höllentalspitze überstiegen ist, Kletterstellen nur an kurzen Steilaufschwüngen. An der Biwakschachtel hat man vom eigentlichen Grat ungefähr die Hälfte geschafft, von der gesamten Tour bis Osterfelderkopf bestenfalls ein Drittel.

  • Taktiktipp 3: Hat man bis zur Inneren Höllentalspitze mehr als 6 Stunden gebraucht, wird es schwer, bei Tageslicht durchzukommen. Es empfiehlt sich dann der Notabstieg über den Brunntalgrat (T5, KS A, Stellen I), der kurz nach der IHS abzweigt; auch steiles alpines Gelände, aber es ist nur eine gute Stunde bis zur Knorrhütte (bei zügigem Gehen).

So harmlos wie im Bereich der Biwakschachtel ist der Jubiläumsgrat nicht häufig. Jene bietet Windschutz für eine erholsame Rast – und Gelegenheit, den Zeitplan zu checken. Foto: DAV/Hans Herbig

3. Teilstück: Biwakschachtel – Vollkarspitze

  • 1-2 Std., KS D, Stellen I
    Nach kurzem Aufstieg zur Äußeren Höllentalspitze wartet das Grande Finale: Mit schon mehreren Stunden alpiner Kraxelei in den Beinen und Armen wird’s jetzt nochmal ernst. Zuerst geht’s steil und ausgesetzt hinunter, dann kommt an einem wilden Turm die Klettersteig-Schlüsselstelle: rund 30 Meter fast senkrecht; an den Eisenklammern muss man etwas mitziehen. Noch ein paar schroffe Stellen warten danach, bevor mit der Vollkarspitze der letzte Gipfel des Grates erreicht ist.

  • Taktiktipp 4: Die steile Klettersteigstelle fordert Kraft. Vorher kurz durchschnaufen; die Hubarbeit aus den Beinen machen; Sprossen und Stifte greifen statt das Drahtseil; Umhängen am langen Arm.

Knapp 30 m hoher, fast senkrechter Aufschwung kurz vor der Vollkarspitze - die schwierigste Klettersteig-Passage am Jubiläumsgrat, Foto: DAV/Hans Herbig

4. Teilstück: Vollkarspitze – Grieskarscharte

  • ca. 1 Std., KS A-B
    Die letzten Zacken sind zu überwinden, dann geht es nordseitig eine geröllbedeckte Plattenflanke hinunter. Wenn hier Schneereste liegen, heißt es aufpassen; wer im Winter unterwegs ist, muss hier bei nicht völlig entspannter Lawinenlage extrem vorsichtig sein. Eine kurze Steilrinne führt hinauf zu einem felsigen Grätchen, auf dem man absteigt in die Grieskarscharte.

Beim Abstieg unter dem Hochblassen muss die Konzentration hoch bleiben. Die Platten sind schuttbedeckt, und ein Sturz kann weit gehen. Foto: DAV/Hans Herbig

5. Teilstück: Über die Alpspitze zur Osterfelder-Seilbahn

  • 2-3 Std., KS A-B, Stellen I-II
    Ist man früh genug dran und passt die Kondition, hängt man nochmal 150 Meter Gegenanstieg über leichten Fels (I) mit kurzen Steilstufen dran bis zum Gipfel der Alpspitze. Der schnellste Abstieg von hier führt über die Ferrata (KS B); wahrscheinlich ist es spät genug, dass nicht mehr viel Gegenverkehr von Aufsteigenden droht. Taktiktipp 5: Das ist die lohnendste und logischste Wegführung für die Schlussetappe. Das Gelände ist leichter als am Grat, aber immer noch alpin-felsig – also nur hier lang, wenn noch gut Reserven da sind. Alternativen: Durchs Grieskar und auf dem Nordwandsteig (KS A) unter der Alpspitze durch zur Seilbahn. Oder weiter absteigen zum Stuibensee (T3) und auf langem Ziehweg zum Kreuzeckhaus; jeweils 2-3 Std.

Krönender Abschluss Alpspitze: auf dem linken Grat zum Gipfel, dann die Ferrata hinunter zur Seilbahn. Bei unsicherem Wetter oder Müdigkeit wählt man besser eine leichtere Variante. Foto: DAV/Hans Herbig