Stausee vor Berggruppe
Der Stausee Mooserboden, ganz links das Große Wiesbachhorn. Foto: Jörg Bodenbender
So lange es noch steht

Klassiker: Großes Wiesbachhorn

Dritthöchster Gipfel der Glocknergruppe, höchste Flanke der Ostalpen, Biancograt der Tauern: etliche Superlative schmücken das Große Wiesbachhorn (3564 m). Wie geht es hinauf und hinaunter? Welche Schwierigkeiten sind zu meistern?

Lohnendes Gipfelziel

Als schlanke Pyramide zeigt sich das Wiesbachhorn von der Glocknerseite, als dunkles Dreieck aus Norden; seine geografischen Eigenheiten gelten heute noch, aber alles was mit Schnee und Eis zusammenhängt, zeigt die Konsequenzen des Klimawandels. Der Kaindlgrat, benannt nach dem Stifter der ersten Hütte am Berg, dem Linzer Pelzhändler Albert Kaindl, war einst eine elegante Firnschneide – und ist heute nur noch ein kärglicher Rest, oft kann man trockenen Fußes nebendran aufsteigen. Ein lohnendes, großzügiges Gipfelziel ist das Wiesbachhorn dennoch geblieben, mit viel Netto fürs Brutto: Hat man die etwas aufwendige Anfahrt mit zwei Etappen Shuttlebus und dazwischen einem offenen Schrägaufzug hinter sich, geht es steil aufwärts und genauso wieder runter. Ein Höhepunkt für hochalpine Tauern-Durchquerungen, etwa vom Kitzsteinhorn-Skigebiet herüber und danach weiter über den Hohen Tenn. Aber auch als Einzelziel lohnt es die Anfahrt; wer in Firn und Fels solide unterwegs ist, kommt hier richtig hoch hinauf.

Karte mit Route: Großes Wiesbachhorn, Quelle: Alpenvereinskartographie

Vom Stausee Mooserboden bis auf 3564 Meter

Die Tour kann man in fünf Teilstücke gliedern. Besonders Konditionsstarke können mit guter Zeitplanung die knapp 1500 Höhenmeter als Tagestour absolvieren. Allen anderen empfiehlt sich nach den ersten 750 Höhenmetern eine Übernachtung im Heinrich-Schwaiger-Haus.

Glocknergruppe über dem Stausee Mooserboden, Großes Wiesbachhorn mit eingezeichneter Route, Foto: Jörg Bodenbender

1. Teilstück: Stausee Mooserboden – Heinrich-Schwaiger-Haus:

  • 2 Std., T3

  • Die Zufahrt mit zwei Shuttlebussen und dem „größten offenen Schrägaufzug Europas“ zum Stausee Mooserboden dauert eine knappe Stunde. Jenseits der Staumauer beginnt der beschilderte Wanderweg zur Hütte. Er führt durch eine offene Flanke mit zunehmend großartigem Tiefblick auf die Stauseen und Ausblick auf die umliegenden Tauerngipfel. Im oberen Teil bewegt man sich auf „Bratschen“: mürbem, plattigem Felsgrund mit Rollsplittauflage; die steiler werdende Flanke fordert konzentriertes Gehen, teils sind sogar Geländer-Drahtseile gespannt.

  • Taktiktipp 1: In flottem Tempo ist das Wiesbachhorn als Tagestour denkbar; das Fahrzeit-Fenster der Shuttlebusse ist allerdings eng. Eine Hüttenübernachtung vermeidet Zeitdruck und verspricht schöne Stimmungen.

  • Taktiktipp 2: Zur Anreicherung des Anreisetages bietet sich die Besichtigung der Stauanlagen an, ein Kräuterlehrpfad oder eine ganze Auswahl von Klettersteigen an der „Höhenburg“ am Mooserboden. Oder man wandert vom „Alpincenter Kaprun“ (Seilbahnen) aussichtsreich und anspruchsvoll unter dem Kitzsteinhorn durch (6 Std.).

Heinrich-Schwaiger-Haus, Foto: Andi Dick

2. Teilstück: Heinrich-Schwaiger-Haus – Oberer Fochezkopf

  • 1 Std., KS B, Stellen I

  • Nur wenige Meter über der Hütte blockiert eine Felsstufe den Weg, die die schwierigste Stelle des Anstiegs bereithält: eine steile Kaminrinne, die leichte Kletterei (I) fordert. Hier gibt es auch einige Drahtseile, wer solide klettert, wird sie aber nicht brauchen. Danach geht es über gestufte Felsplatten einfacher (T4) weiter zum Unteren Fochezkopf (3022 m); den Oberen (3159 m) erreicht man je nach Verhältnissen über Schrofen oder Firn.

  • Taktiktipp 3: Sind andere Menschen unterwegs, kann es hier sinnvoll sein, den Helm aufzusetzen. Und selber achtet man natürlich darauf, keine Steine loszutreten.

Aufstieg zum Oberen Fochezkopf, Foto: Andi Dick

3. Teilstück: Oberer Fochezkopf – Kaindlgrat – Großes Wiesbachhorn

  • 1-1 ½ Std., evtl. 35° Firn, T4

  • Der Kaindlgrat zog einst als elegante Firnschneide Richtung Gipfel; wenn man ihn heute mit Firn antrifft, können Steigeisen nützlich sein. Oft und vor allem später im Jahr apert allerdings rechts unterhalb der Fels aus, so dass man trockenen Fußes am einstigen Schmuckstück vorbeilaufen kann. Danach kann man entweder direkt dem (NW-)Grat weiter folgen bis zum Gipfel oder das relativ harmlose Kaindlkees überqueren und den Gipfelaufbau über SW-Grat und W-Flanke angehen. Immer sind dabei steile Bratschen zu begehen, die sicheren Tritt fordern, vor allem bei Vereisung.

  • Taktiktipp 4: Ob Steigeisen nötig sind (manchmal, vor allem früh im Jahr) oder das Kaindlkees Gletscherausrüstung fordert (kaum), erfragt man am besten aktuell beim Hüttenteam.

Großes Wiesbachhorn und Kaindlgrat (rechts), Foto: Andi Dick

4. Teilstück: Abstieg zum Schwaigerhaus

  • 1 ½ - 2 Std., KS B, Stellen I-II, 35°, T4

  • Vor allem beim steilen Abstieg vom Gipfelaufbau ist noch mal volle Konzentration gefordert – und dann nochmal in den Felsen oberhalb der Hütte. Variante: Wer gute Kondition und Neugier mitbringt, kann das Wiesbachhorn überschreiten: über die Wielingerscharte – eventuell noch mit Abstechern zum Hinteren Bratschenkopf und der Klockerin – und das Teufelsmühlkees bis zum Wegbeginn unter dem Vorderen Bratschenkopf. Von hier sind es dann rund 2200 Höhenmeter Talabstieg über die Schwarzenberghütte bis zur Glocknerstraße.

Steile Rinne beim Abstieg zum Heinrich-Schwaiger-Haus, Foto: Andi Dick

5. Teilstück: Schwaigerhaus – Mooserboden

  • 1 ½ Std., T 3-4

  • Auch der Talabstieg folgt dem Aufstiegsweg. Der letzte Shuttlebus fährt um 16:45 Uhr (aktuelle Fahrzeiten überprüfen).

Abstieg zum Stausee Mooserboden, darüber das Kitzsteinhorn, Foto: Andi Dick

Infos zum Großen Wiesbachhorn

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