Blick von Alpspitze über Jubiläumsgrat zur Zugspitze
Auch an der Zugspitze soll ein schreckliches Ungeheuer sein Unwesen treiben. Foto: DAV/Hans Herbig
Deutsche Legenden

Wolpertinger und Tatzelwürmer

Deutsche Sagen und Legenden mit alpinem Hintergrund sind natürlich vor allem in Bayern zu finden. Das südliche Bundesland hat ein schier endloses Repertoire an Geschichten rund um Geister, Drachen und grausame Könige. Eine Auswahl:

Wolpertinger

Die wohl bekanntesten Geschöpfe, die in Bayern ihr Unwesen treiben, sind die Wolpertinger. Der Wolpertinger ist ein Fabelwesen, seine Entstehung unklar. Abbildungen von Wolpertingern zeigen meist einen gehörnten Hasenkopf. Kein Wunder, soll das Wesen laut einer alten Legende doch aus der Liebelei eines Hasen und eines Rehs hervorgegangen sein. Schon bald paarten sich auch andere Waldbewohner untereinander, Fuchs und Ente, Hase und Fasan oder Marder und Hirsch. Und so sieht kein Wolpertinger wie der andere aus.

Die Frage, ob diese Geschöpfe wirklich existieren oder sie nur ein Marketing-Gag von Tierpräparatoren aus dem 19. Jahrhundert sind, konnte bis heute nicht endgültig geklärt werden.

Der Wolpertinger. Illustration: Marmota Maps

Irrwurzen in Bayern

Die Gefahr, auf eine Irrwurz zu treten, lauert überall. Nicht nur auf Bergwegen, auch im Tal kann es passieren. Und dann droht vollkommene Orientierungslosigkeit. Besonders im Breitseemoos zwischen Nußdorf und Neubeuern sollte man aufpassen! Einmal ging ein Bauer nachts durchs Moos nach Hause. Der Sage nach trat er auf eine Irrwurz und konnte nicht mehr herausfinden, irrte kreuz und quer durch das Moos auf der Suche nach der Straße. Ein blaues Licht, das ihn bei jedem Schritt und Tritt, den er unsicher tat, verfolgte, verwirrte den Mann noch mehr. Schließlich lehnte er sich erschöpft an einen Baum, um den Morgen abzuwarten. Und siehe da, kurz nachdem die Kirchenglocke zum Morgengebet läutete, verschwand das Licht und der Bauer sah die Straße nur wenige Schritte entfernt. Die Macht der Irrwurz war durch das Gebetläuten gebrochen worden.

Der Zuggeist

Selbstverständlich ranken sich auch um den höchsten Berg Deutschlands, die Zugspitze, Sagen und Legenden. Eine davon soll der Grund sein, weshalb der Gipfel "erst" im Jahre 1820 erstbestiegen wurde: die Legende vom Zuggeist.

Beim Zuggeist handelt es sich um einen recht grauslichen Vogel, halb Geier, halb Adler, der die Schätze im Inneren des Berges beschützt. Wer an das Gold heran will, muss nur mit dem wundersamen Springkraut, das im Geäst des Zuggeist-Nestes auf den Zinnen der Zugspitze liegt, an die Felsen klopfen, woraufhin diese sich öffnen und die Schätze freigeben. Dies versucht der Zuggeist zu verhindern, indem er Eindringlinge in den Abgrund zu stürzen versucht oder Blitz und Donner schickt. Auch Erstbesteiger Josef Naus und seine Begeiter sollen auf den riesigen Vogel gestoßen sein, der sich nur durch einen Schuss aus Naus' Pistole verjagen ließ. Und doch mussten sich die Bergsteiger beim Abstieg durch ein Unwetter quälen – die Strafe des Zuggeistes?

Der Zuggeist soll für die späte Erstbesteigung des Zugspitzgipfels verantwortlich sein. Illustration: Marmota Maps

König Watzmann

Wie die markanten Formen des Watzstein-Massivs im Berchtesgadener Land entstanden sind, erzählt die Sage vom König Watzmann. Dieser herrschte vor vielen hundert Jahren in der Gegend und war bekannt für seine Grausamkeit. Selbst seine Frau und Kinder waren in der Bevölkerung gefürchtet. Eines Tages – sie befanden sich gerade auf der Jagd – trafen sie auf eine Hirtenfamilie. Blutrünstig zerfleischten die Hunde des Königs erst den Hirtenhund, dann das Kind, dann die Hirtin selbst. Der Hirte wehrte sich und in seiner letzten Sekunde verfluchte er die Königsfamilie. Daraufhin wandten sich die Jagdhunde gegen ihren Herren und töteten den grausamen König, seine Frau und die sieben Kinder. Sie alle erstarrten zu Stein und sind heute noch in den beiden großen und den sieben kleinen Zacken des Watzmann-Massivs zu sehen. Ihr Blut speiste den heutigen Königssee.

König Watzmann und seine Familie. Illustration: Marmota Maps

Der Tatzelwurm

Menschen, die eine Begegnung mit dem Tatzelwurm überlebt haben, beschreiben ihn als einen 50 bis 200 Zentimeter langen Halb-Drachen. Gesichtet wurde er immer wieder in Höhlen in den Alpen. Um den Tatzelwurm ranken sich verschiedenste Sagen.

Eine berichtet über ein Liebespaar, das aufgrund ihrer verfeindeten Väter nicht zusammen kommen konnte. Der Legende nach hilft in einem solchen Fall, Blut des Tatzelwurms nachts auf die Köpfe der Männer zu geben. Die beiden gehen das Wagnis also ein und zapfen dem im Schwefeldampf seiner Drachenhöhle liegenden Untier Blut ab. Sie streichen es auf die väterlichen Köpfe und schon am nächsten Morgen sind die Grantler wie umgewandelt. Und die Liebenden wurden ein glückliches Paar.

Auch eine Klamm mit ihren finsteren und feuchten Tiefen, wo das Wasser ohrenbetäubed töst, ist der rechte Platz für einen Tatzelwurm. Zum Beispiel die Aschauer Klamm. Zwar ist keiner, der den schrecklichen Krallen begegnet ist, jemals zurückgekehrt, dennoch kennt die Bevölkerung das Untier und die Geschichte wurde über Jahrtausende überliefert. Der Tatzelwurm, der dort in der Tiefe haust, hat ein riesiges Maul mit messerscharfen Zähnen. Er stößt Rauch und Feuer aus den Nüstern und hat einen schillernden Schuppenpanzer. Sechs kurze Beine tragen ihn, zudem hat er riesige Fledermausflügel. Besonders einsame Wandernde und Sennerinnen von den Almen der Umgebung sollten Acht geben und sich nicht zu tief in die Klamm wagen.

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