Unterwegs mit der Umweltgütesiegeljury auf der Greizer Hütte

Eine Hütte mit Auszeichnung

Das Umweltgütesiegel wird nur Hütten verliehen, deren Infrastruktur und Betrieb besonders nachhaltig gestaltet werden. Von Energie- und Wasserversorgung, über die Wahl der Reinigungsmittel bis hin zur Gästeinformation stehen die verschiedensten Kriterien aus sieben Bereichen auf dem Prüfstand.

Eine ehrenamtliche Jury überprüft, ob die Hütten die hohen Standards erfüllen. Das passiert natürlich bevor das Siegel verliehen wird, aber auch auf Hütten, die die Auszeichnung bereits tragen, wird alle fünf Jahre kontrolliert, ob Infrastruktur und Betrieb den Ansprüchen weiterhin genügen. Ein Team des DAV hat die Jury in diesem Sommer auf einer Wiederholungsprüfung auf der Greizer Hütte begleitet und die Einblicke in Hüttentechnik- und Betrieb in dieser Podcastfolge festgehalten.

Transkript zur Folge

Angela Kreß (AK): Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Bergpodcasts. Schön, dass ihr wieder mit dabei seid.

Der Strom kommt aus der Steckdose und das Wasser aus der Leitung. So einfach ist das auch auf der Hütte. Zumindest für uns Gäste. Für die Wirtsleute und die DAV-Sektionen als Besitzerinnen der Hütte steckt aber natürlich viel mehr dahinter. Die allermeisten Alpenvereinshütten sind nämlich nicht ans Strom- oder Wassernetz angeschlossen, sie müssen sich in Insellage selbst versorgen. Viele Hütten legen dabei besonderen Wert darauf, die Umwelt nicht zu belasten. Eine davon ist die Greizer Hütte, die deshalb auch mit dem Umweltgütesiegel der Alpenvereine ausgezeichnet ist. Wie die Hütte Strom erzeugt, wie das mit dem Abwasser funktioniert und was alles für einen umweltfreundlichen Betrieb der Hütte beachtet werden muss, schaut sich Cornelia Kreß in dieser Folge an.

Cornelia Kreß (CK): Ganz hinten im Floitengrund in den Zillertaler Alpen, umgeben von 3000ern, unweit der Grenze zu Südtirol liegt die Greizer Hütte. Sie ist Stützpunkt für Hochtouren und alpine Kletterrouten oder auch für ausdauernde Bergwander*innen, die auf dem Berliner Höhenweg unterwegs sind. Und sie ist ausgezeichnet – mit dem Umweltgütesiegel der Alpenvereine, das besonders umweltfreundliche und vorbildliche Hütten kennzeichnet. Seit 1996 gibt es das Siegel, das inzwischen 133 Alpenvereinshütten tragen.

Die Greizer Hütte. Foto: Greizer Hütte/Lukas Zimmermann

Eine Jury aus Ehrenamtlichen überprüft, ob die Hütten die Kriterien einhalten. So eine Überprüfung findet natürlich statt, bevor das Siegel verliehen wird. Aber auch wenn eine Hütte die Auszeichnung schon hat, wird alle fünf Jahre geschaut, ob die Hütte immer noch nachhaltig wirtschaftet. Und genau auf so eine Wiederholungsprüfung auf der Greizer Hütte nehmen wir euch in dieser Folge mit.

Rainer Guse (RG): Sektion Greiz Markt Redwitz, Greizer Hütte; Hüttenwirt ist der Herbert und wir haben hier die Wiederholungsprüfung. Das Prüfdatum, heute ist der 20.6.2022, Mitglieder der Jury: Heinrich Kreuzinger, Rainer Guse. So, also das sind hier die ganzen Daten, die wichtig sind, um den Verbrauch und auch die Klimaneutralität der Hütte zu bewerten. Das sind Energieverbrauch, CO2-Äquivalente, Hüttenversorgung und so weiter.

CK: Das ist Rainer Guse. Er ist Sprecher der Umweltgütesiegel Jury und prüft die Alpenvereinshütten schon seit 20 Jahren. Mit dabei ist auch sein Jury-Kollege Heinrich Kreuzinger, Roland Stiere, der als Mitglied des DAV-Präsidiums zu Gast ist, die Wirtsleute der Greizer Hütte Herbert und Irmi und der Hüttenwart der Sektion, Hans Geyer.

Die Bereiche des Umweltgütesiegels

CK: Das Umweltgütesiegel berücksichtigt verschiedene Bereiche.

Heinrich Kreuzinger (HK): Es gibt zwei Aufgaben. Die eine Aufgabe ist, der Alpenverein muss dem Wirt eine Hütte zur Verfügung stellen, die sehr gut wirtschaften kann, einschließlich Kläranlage, einschließlich Wasserversorgung, einschließlich der Abwasser und der Energieversorgung. Das ist eine Sektions- und Alpenvereinsgeschichte. Euer Part ist, dass ihr mit dem Zeug dann super arbeitet, uns hier sehr gut verpflegt mit sehr wenig CO2 Ausstoß und dass ihr das super macht.

CK: Auf der einen Seite muss die Infrastruktur der Hütte also eine nachhaltige Bewirtschaftung ermöglichen. Auf der anderen Seite müssen die Wirtsleute ihren Betrieb umweltfreundlich organisieren.

Dabei werden sieben verschiedene Kategorien berücksichtigt: Energie und Klimaschutz, Trinkwasser und Abwasser, Abfall, Luft, Lärm, Bauausführung und Hüttenbetrieb und Hüttenumfeld.

RG: Es gibt Muss und Soll Kriterien. Muss-Kriterien, die muss eine Hütte erfüllen, da gibt’s kein Pardon. Wenn sie die nicht erfüllt, gehen wir entweder gar nicht erst rauf auf die Hütte oder das wird dann später in den Anmerkungen aufgeschrieben, dass die Anforderung besteht, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt diese Muss-Kriterien, die nicht erfüllt sind, zu bereinigen, zu erfüllen oder nachzuholen. Und dann gibt es Soll-Kriterien, da müssen mindestens 25 Punkte erfüllt werden. Das geht also nach Punkten, man kann einen Punkt, anderthalb oder auch drei Punkte bekommen für jedes erfüllte Kriterium. 25 müssen es sein, die Höchstzahl ist 75 Punkte. Und da gibt es viele Hütten, die sind sehr gut in den Soll-Kriterien, erfüllen eine sehr hohe Punktzahl, aber dass eine Hütte nur 25 Punkte, also nur das Mindestmaß erfüllt, das hab ich noch nie erlebt.

CK: Noch einmal zusammengefasst: In jeder der sieben Kategorien gibt es verschiedene Kriterien, die erfüllt werden müssen, und Kriterien, die Pluspunkte bringen, wenn sie erfüllt werden. Zusätzlich zu den Muss-Kriterien muss eine Umweltgütesiegel-Hütte auch einige Soll-Kriterien erfüllen und dabei mindestens 25 von 75 möglichen Punkten sammeln.

RG: Wir haben jetzt hier diese Kriterienliste, die kennt ihr ja auch, die Kriterienliste, das sind diese 12 oder 13 Seiten, die wir dann später durchgehen. Wir haben auch die Liste der Wasch- und Reinigungsmittel, genau, die hab ich auch schon angeschaut und das Abfallwirtschaftskonzept habt ihr auch dabei, jawoll, alles vollständig

Bevor wir jetzt zum eigentlichen Prüfbogen kommen, machen wir erstmal einen Rundgang um die Hütte, dass wir nochmal schauen können, wie die Hütte von außen ausschaut und dann setzen wir uns nochmal hier her und fangen mit der eigentlichen Arbeit an. Wenn wir dann den Prüfbogen fertig haben, gehen wir noch durch die Hütte durch, werden uns die Lager anschauen, die Papiersorten usw. usw.

CK: Wir starten wir also unseren Rundgang. Dabei kommen wir an vielen Orten vorbei, die wir als normale Hüttengäste noch nie gesehen und wahrgenommen haben. Aber hört selbst.

Energie und Klimaschutz

Wir beginnen beim ersten Block des Kriterienkatalogs: Energie und Klimaschutz.

Wehranlage zum Kraftwerk der Regensburger Hütte. Foto: DAV

Der Prüfbogen sagt, dass Erdölprodukte, Kohle oder Kohlebriketts als Energieträger nicht zulässig sind. Mit einer kleinen Ausnahme, nämlich bei den Notstromaggregaten. Im Regelbetrieb müssen aber erneuerbare Energien genutzt werden oder, wo es wegen der sonstigen Infrastruktur sinnvoll ist, gasbetriebene Blockheizkraftwerke. Wenn ausschließlich Erneuerbare die Energieversorgung der Hütte sicherstellen, gibt es Pluspunkte.

So ist es hier auf der Greizer Hütte. Wir sehen einige Photovoltaik-Paneele und besuchen das Kleinwasserkraftwerk der Hütte. Hier wird es ein bisschen laut, aber die Hüttentechnik hier oben ist spannend und liefert auch Anlass für einen kleinen historischen Exkurs.

RG: Heinrich, schau mal rein, super Sache, klimaneutral – Hans Geyer (HG): für das Alter immer noch in ganz gutem Zustand. Ich mein, das ist Baujahr 1938. Es ist zwar ziemlich viel schon ausgetauscht, aber das Grundgebäude und die Grundkomponenten sind immer noch von da. Es war leider nur '39 für ein paar Monate im Betrieb, dann wars für, ich glaub fast zehn Jahre, stillgelegt. Aber wir waren eine der wenigen Hütten, die noch vor dem 2. Weltkrieg Strom hatten.

RG: Die Hütten sind damals alle beschlagnahmt worden, vom österreichischen -

HG: - erstmal von der Wehrmacht, hier die Grenze zu Italien war ja Sperrgebiet und dann ist es halt von Österreich – ja beschlagnahmt worden – und die haben das ab 1950 quasi leihweise an die Sektion zum Betrieb, aber nachdem wir ja ostdeutsche Sektion sind, war das etwas schwieriger, das heißt die Sektion hat die Hütte dann effektiv erst 1972 oder so zurückgekauft vom ÖAV. Seitdem sind wir wieder Herr im Haus. Und sobald wir sie zurückgekauft hatten, wurde dann der Anbau im westlichen Teil gemacht, mit der neueren Gaststube und neueren Zimmern, wo auch die Sanitärräume sind.

CK: Wow, nicht schlecht, seit über 80 Jahren wird hier also Strom aus Wasser erzeugt. Zusammen mit der Photovoltaikanlage wird hier genug Energie für den gesamten Hüttenbetrieb gewonnen. Nur in seltensten Fällen muss das Notstromaggregat angeschaltet werden, vielleicht einmal pro Saison, erzählt uns der Hüttenwart Hans.

Ein Kleinwasserkraftwerk und Photovoltaik liefern also die Energie für die Greizer Hütte – wie schaut es auf den anderen DAV-Hütten aus? Oft gar nicht so anders: Nur wenige Kategorie I DAV-Schutzhütten haben Netzanschluss. 35 um genau zu sein – von über 160. Neben Wasserkraft und PV kommen oft Blockheizkraftwerke zum Einsatz. Sie funktionieren gar nicht so anders als Kohlekraftwerke und sind trotzdem viel umweltfreundlicher, weil sie erstens in der Regel Pflanzenöl als Brennstoff nutzen, und zweitens nicht nur Strom erzeugen, sondern gleichzeitig auch die Wärme genutzt wird. So ist der Wirkungsgrad sehr hoch.
Windenergie wird zumindest bisher nur selten genutzt und auf den meisten Hütten sind auch noch fossile Energieträger als Backup vorhanden, zum Beispiel für den Gasherd oder das Notstromaggregat.

Aber auch wenn der Strom klimafreundlich erzeugt wird – Energiesparen ist trotzdem Pflicht, wenn man das Umweltgütesiegel haben will. Klimaanlagen sind ebenso verboten wie sowas wie Heizpilze im Außenbereich. Pluspunkte gibt’s, wenn soweit wie möglich auf energieintensive Geräte verzichtet wird, zum Beispiel indem Getränke nur im Keller statt im Kühlschrank gekühlt werden.

Trinkwasser und Abwasser

Kommen wir zur zweiten Kategorie: Trinkwasser und Abwasser. Ziel der Regelungen ist, möglichst wenig Wasser zu verbrauchen und das Wasser dabei möglichst wenig zu belasten.

Hütten, die nicht an die Abwasserversorgung angeschlossen sind, brauchen eine eigene Abwasserreinigung. Die hat auch die Greizer Hütte. Auch, wenn sie dort unter einem Decknamen auftaucht.

HG: Das hier ist unser Schmuckstück – Herbert Schneeberger (HS): Schnappsbrennanlage – HG: genau, die meisten denken, das ist die Schnapsbrennanlage, das ist der Fettabscheider. Ich glaub, wir haben den größten Fettabscheider, den es auf Alpenvereinshütten gibt. (Lachen) Der hat also eine ständige kleine Heizung, damit das Zeug flüssig bleibt und dann wird wenn der voll ist, das in einen Plastikeimer gezogen, am besten mit Deckel, und der wird dann entsorgt.

CK: Ein Fettabscheider bereitet das Abwasser aus der Küche für das eigentliche Klärsystem vor. Denn im Küchenabwasser ist relativ viel Fett vom Kochen enthalten und das lässt sich in größeren Mengen schlecht in einem ökologischen Klärprozess aufbereiten. Deshalb wird im Fettabscheider schon ein Großteil der Fettbestandteile aus dem Wasser gefischt und separat entsorgt. Etwa zwei 5 Liter Eimer Fett-Abfälle fallen pro Saison auf der Greizer Hütte an.

Das vorgereinigte Abwasser fließt dann weiter in die Filteranlage. Dort werden die Feststoffe herausfiltert. Ja, auch die unappetitlichen Feststoffe, die dann in den Filtersäcken gesammelt, getrocknet und entsorgt werden. Zum Schluss kommt das Wasser in die biologische Kläranlage, wo spezielle Bakterien für die Reinigung sorgen. Das so aufbereitete Wasser wird dann zurück in den Fluss oder Bach geleitet oder versickert. Pluspunkte beim Umweltgütesiegel gibt es, wenn das Wasser zum Beispiel für Toilettenspülungen in einem Kreislaufsystem wiederverwendet wird.

Die normale Verschmutzung aus Küchen- oder Sanitärabwasser filtern, ist also kein so großes Problem. Allerdings haben die reinigenden Bakterien auch Ansprüche. Chemiekeulen wie chemische Rohrreiniger, Weichspüler, WC-Beckensteine oder chlorhaltige Reinigungsmittel sind auf umweltfreundlichen Hütten deshalb ein No-Go. Denn sie würden die Bakterien abtöten und die Abwasserreinigung würde nicht mehr funktionieren.

So sieht eine Filtersackanlage aus. Hier ein Beispielbild von der Ostpreußenhütte. Foto: DAV/Xaver Wankerl

Jetzt haben wir also unser Wasser durch die Aufbereitungssysteme wieder sauber und keimfrei gekriegt. Damit ist das Thema Abwasser erledigt. Wie aber sieht es mit dem Trinkwasser auf Hütten aus? Viele von euch wissen bestimmt, dass ein Liter Teewasser auf einer Alpenvereinshütte 3 Euro kostet. Und oft bekommen wir die Rückmeldung, dass das ganz schön teuer ist. Verglichen mit den Preisen im Tal, absolut! Aber die Trinkwasserversorgung am Berg ist deutlich komplizierter, weil die Kategorie I Schutzhütten in der Regel keinen Wasseranschluss haben. Es braucht also Speicher, die zum Beispiel Niederschläge oder Schmelzwasser auffangen. Manche Hütte haben das Glück, eine Quelle in der Nähe zu haben, aber das kommt relativ selten vor. So oder so, das Wasser muss in der Regel mit UV-Licht keimfrei gemacht werden. Und es ist ein rares Gut.

Die Neue Prager Hütte in der Venedigergruppe musste im Sommer 2022 wegen Wassermangel schließen. Foto: DAV/Jens Klatt

Kochen, Trinken, Toilettenspülungen, Wäsche und Geschirr waschen, Duschen, Putzen … Die Liste, wofür wir Wasser verbrauchen, ist lang. Vielleicht zu lang. Besonders im vergangenen heißen Sommer, der auch noch auf einen recht schneearmen Winter folgte, hatten viele Hütten mit Wassermangel zu kämpfen. Die Neue Prager Hütte musste sogar schließen, weil kein Wasser mehr da war.

Umso wichtiger ist das Wassersparen! Und das wird auch bei den Kriterien des Umweltgütesiegels berücksichtigt. Ein Muss sind hier zum Beispiel reduzierte Wassermengen bei Toilettenspülungen oder Durchflussbegrenzungen der Wasserhähne oder Duschen. Auch ein Pflichtkriterium, das euch bestimmt schon öfter untergekommen ist: Duschmarken. Lange unter der heißen Dusche stehen und dabei richtig entspannen ist am Berg einfach nicht drin, dafür ist das Wasser zu kostbar. Die Greizer Hütte sammelt in der Kategorie sogar Pluspunkte, weil es gar keine Duschen für Gäste gibt.

Abfall

RG: Das Konzept habt ihr vorgelegt, jawoll, das hab ich in der Hand, das ist wunderbar. Das ist eigentlich alles ordentlich ausgefüllt, auch wo das Altöl entsorgt wird, steht hier auch im Abfallwirtschaftskonzept, Metallabfälle und so weiter, monatliche Entsorgung gefährlicher Abfälle. Die Leuchtstoffröhren müssen beim Sondermüll entsorgt werden und Verwendung von Mehrweggebinden, getrennte Sammlung für Glas, jawoll, ist alles so wie es sein soll.

CK: Hier prüft Rainer gerade das Abfallkonzept der Hütte. Dabei geht es um Müllvermeidung und die richtige Entsorgung. Oben auf der Hütte ist das deutlich aufwendiger als in unserem Alltag. Denn der Müll muss von den Wirtsleuten ins Tal gebracht und dort entsorgt werden. Deshalb sind Einwegprodukte oder Portionsverpackungen auf umweltfreundlichen Hütten tabu.

Luft, Lärm, Bauausführung

Damit sind die ersten drei Kategorien geprüft – von sieben. Dafür sind die nächsten beiden, nämlich Luft und Lärm relativ schnell abgehakt: Rauchverbot in der Hütte, Check, keine Duftsprays, check, Hüttenruhe, Check, Schalldämmung an lauten Geräten wie Stromaggregaten, Check, kein Feuerwerk, Check.

Auch die Kategorie Bauausführung ist bei der Wiederholungsprüfung auf der Greizer Hütte recht schnell erledigt, denn die beiden Muss-Kriterien betreffen nur Hütten, die im Winter geöffnet haben. Die müssen dann ordentlich isoliert und gedämmt sein, damit man nicht nach draußen heizt. Pluspunkte können alle Hütten sammeln, wenn zum Beispiel so gebaut wird, dass die Sonneneinstrahlung die Räume heizt, regionale Baustoffe verwendet werden und ein Großteil der Hüttenmöbel aus Holz ist.

Möbel aus Holz, wie hier in der Gaststube der Greizer Hütte, bringen in den Kategorie Bauausführung Pluspunkte. Foto: Greizer Hütte/Lukas Zimmermann

Hüttenbetrieb und Hüttenumfeld

In der letzten Kategorie – Hüttenbetrieb und Hüttenumfeld – steht der tägliche Betrieb der Hütte auf dem Prüfstand: Von einem gepflegten Außenbereich der Hütte über die Informationen für Personal und Gäste bis hin zum Speisenangebot ist so einiges gefordert.

Passend zu einer unserer letzten Podcastfolgen rund ums Essen auf der Hütte, schauen wir uns erstmal die Kriterien zum Speisenangebot auf Hütten genauer an. Vegetarische Gerichte sind Pflicht, ebenso wie regionale Lebensmittel und regionaltypische Gerichte auf der Karte. Pluspunkte gibt’s, wenn die Verpflegung einfach gehalten wird. Konkret: wenn es nur drei Hauptgerichte gibt. Auf diese Pluspunkte verzichtet die Greizer Hütte gerne.

Herbert und Irmi wollen ihren Gästen etwas bieten. Deshalb gibt es auf der Greizer Hütte mehr als drei Hauptgerichte. Foto: DAV/Julian Rohn

HS: ja so eine riesen Auswahl haben wir auch nicht, - HG: aber bisschen was musst du haben, die Leute wollen das. HS: Wir haben ein zwei Fleischgerichte, zwei drei Nudelgerichte, dann noch ein Champignon- oder Käseomelette, Kaiserschmarrn, ein zwei Suppen - HG: man muss ja auch was anbieten für den Gast, der zwischen den Essenszeiten kommt, der Nachmittag um 3 kommt, der will ein paar Würstl oder eine Gulaschsuppe, das muss ich doch anbieten – HS: aber die Leute, die 5-6 Stunden auf dem Weg sind, haben Hunger.

CK: Aber auch wo die Speisekarte eine größere Auswahl bietet, sind noch Pluspunkte möglich. Zum Beispiel wenn Bio-Lebensmittel verwendet werden. Oder wenn die Gäste informiert werden, wo die verwendeten Lebensmittel herkommen. Und da sind wir schon bei einem weiteren Bereich, den Informationen und Bildungsangeboten für Gäste. Wenn ihr das nächste Mal auf einer Hütte seid, die mit dem Umweltgütesiegel ausgezeichnet ist, findet ihr bestimmt einiges an Infos und Hinweisen. Wie kleine Reminder, das Licht auszumachen, wenn ihr das Zimmer verlasst. Oder ein Schild im Waschraum, das euch bittet, möglichst wenig Wasser zu verbrauchen. Oder wo und wann die Busse vom Talort zum nächstgelegenen Bahnhof fahren. Das sind auch alles Kriterien, die von den Umweltgütesiegel-Hütten erfüllt sein müssen.

Die Entstehung des Kriterienkatalogs

Übrigens sind die Kriterien, die beim Umweltgütesiegel überprüft werden, nicht einfach so ausgedacht. Rainer und Heinrich erzählen, wie die Kriterienliste entstanden ist.

HK: Die Entstehung des Kriterienkatalogs ist ein bisschen langwierig. Von der Österreichischen Hotellerie, die Österreicher wollten den Kriterienkatalog für die Hütten haben und da ja die Vereine gut zusammenarbeiten, sind wir dann dazugekommen und haben miteinander diesen Kriterienkatalog versucht auf die Hütten anzuwenden.

RG: Ich weiß noch aus meiner früheren Zeit, aus den 90er Jahren, hatte ich in meiner beruflichen Arbeit mit dem Peter Weber zu tun und der Peter Weber hat dann erfahren, dass es beim Umweltministerium eine Art Gütesiegel für Hotel- und Gaststättenbetriebe gibt und da hat er die Idee gehabt, dass man das auch für Hütten übernehmen könnte, um da eine gewisse Qualifizierung und auch Nachhaltigkeit einzurichten. Und da wurde dann zunächst in einer etwas abgespeckten Form wurde eine Art kleine Kriterienliste entwickelt. Und später, ich glaub 2012 kam dann eine Kriterienliste, die dann wirklich auch sehr in die Tiefe ging und auch von der Qualität auch den Ansprüchen genügte.

HK: Angefangen hat alles mit der Hüttentechnik. Weil die Kläranlagen mussten ja erst alle entwickelt werden, oder die Energieversorgung über die Rapsölmotoren. Das waren alles Phasen, das musste ja auch ausprobiert und entwickelt werden. Und – der Name ist schon gefallen – Peter Weber vom Hauptverein, war da einer, der das maßgeblich vorangetrieben hat. Und in dieser Phase ist dann auch das Umweltgütesiegel entstanden. Dass man sagt, die Hütte macht das gut, da können wir irgendwas tun dafür.

CK: Es hat also eine Zeit gedauert, das Umweltgütesiegel zu dem zu machen, was es heute ist. Sozusagen eine Mischung aus österreichischen und deutschen Auszeichnungen für nachhaltige Hotels und Gaststätten, angepasst an die Gegebenheiten, die man auf Hütten vorfindet. Übrigens werden die Jurymitglieder so umfassend geschult, dass sie sogar Hotels in Österreich zertifizieren dürften. Rainer hat uns aber glücklicherweise versichert, dass sie sich auch in Zukunft auf Alpenvereinshütten konzentrieren werden und nicht auf der Suche nach einem Nebenjob sind.

Ein Blick in die Zukunft

Apropos Zukunft: Die Kriterien für das Umweltgütesiegel verändern sich mit der Zeit. Was heute geprüft und verlangt wird ist nicht mehr das gleiche wie 1996. Einfach, weil sich unsere Umweltstandards und auch die Möglichkeiten weiterentwickeln. Auch in Zukunft wird es Anpassungen geben. Anfang 2023 sollen einige Änderungen im Kriterienkatalog verabschiedet werden.

RG: Ein wichtiger Punkt in der neuen Kriterienliste ist auch das Verhalten der Gäste und die Anreise der Gäste zur Hütte, dass die Gäste vorwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen und dadurch auch die Klimabelastung gegenüber einem PKW auch deutlich senken können. Wenn man überlegt, 1200 Tagesgäste hat eine Hütte und die reisen alle mit dem PKW an, das ist eine gewaltige Belastung des Klimas. Wenn die aber alle ein öffentliches Verkehrsmittel in Anspruch nehmen, dann werden da einige Tonnen CO2 eingespart.

CK: Gut möglich also, dass ihr auf Hütten mit dem Umweltgütesiegel in Zukunft also Vergünstigungen bekommt, wenn ihr mit Öffis anreist oder länger bleibt. Denn auch mit längeren Aufenthalten könnt ihr im Vergleich zu mehreren Tagesausflügen CO2 einsparen.

Der Bergbus in die Eng ist ein Best-Practice-Beispiel, wie das Problem der letzten Meile gelöst werden kann. Foto: DAV/Tobias Hipp

Was passiert nach der Prüfung?

Zurück in die Gegenwart. Die Kriterienliste ist abgearbeitet. Wie geht es danach weiter? Rainer, als Sprecher der Umweltgütesiegel-Jury, erstellt am Ende des Jahres einen ausführlichen Bericht über alle Prüfungen des Jahres. Dieser Jahresbericht ist dann die Entscheidungsgrundlage für das DAV-Präsidium, das das Siegel offiziell vergibt.

RG: Und in der Zusammenstellung sind dann auch für jede Hütte unsere Empfehlungen enthalten, ob wir die Fortsetzung empfehlen oder auch in diesem Jahr in einem Fall die Aberkennung des Umweltgütesiegels. Das können wir nur empfehlen. In den letzten Jahren hat sich aber herausgestellt, dass das Präsidium unseren Empfehlungen stets gefolgt ist.[CK(1]

CK: Und der Bericht wird gar nicht so kurz. Auf 25 Ortsterminen war die ehrenamtliche Jury in diesem Jahr. Wir sagen Danke, dass wir sie auf einem davon begleiten durften.

AK: Wenn ihr das nächste Mal auf einer Hütte mit Umweltgütesiegel seid, wisst ihr jetzt also was alles hinter dieser Auszeichnung steckt! Übrigens könnt ihr die besonders vorbildlichen Hütten auch gezielt suchen: In der Hüttensuche auf alpenverein.de oder im Tourenportal Alpenvereinaktiv könnt ihr Filter zu den verschiedenen Auszeichnungen aktivieren. Die beiden Seiten verlinken wir euch natürlich wie immer in den Shownotes.

Und damit sind wir schon am Ende der letzten Folge dieses Jahres angekommen. Wir wünschen euch einen guten Rutsch und freuen uns, wenn ihr auch 2023 wieder mit dabei seid! Bis dahin, Tschüss und auf Wiederhören!

Die Greizer Hütte liegt auf 2227m in den Zillertaler Alpen. Foto: Greizer Hütte/Lukas Zimmermann

Shownotes

Auf eurer nächsten Tour möchtet ihr auch auf möglichst umweltfreundlichen Hütten übernachten? In der Hüttensuche und im Tourenportal alpenvereinaktiv.com könnt ihr nach Hütten mit dem Umweltgütesiegel filtern.

Auf einer Hütte leben und arbeiten - wie geht das? Das erzählen euch Herbert und Irmi, die Wirtsleute der Greizer Hütte im Video.

Wir danken der ehrenamtlichen Jury des Umweltgütesiegels, dass wir sie bei ihrer wertvollen Arbeit begleiten durften!
Und ein herzliches Dankeschön auch an das Hüttenteam der Greizer Hütte für die Gastfreundschaft.

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