Läufer am Seeufer
Mit der richtigen Technik besser laufen: Das Atmen durch die Nase führt im Vergleich zur Mundatmung zu einer um 10-15 Prozent höheren Sauerstoffsättigung des Blutes. Foto: DAV/Finn Hösch
Atemtechnik

Schnappst du noch oder atmest du schon?

Atmen funktioniert automatisch. Und trotzdem können wir dabei einiges falsch machen. Bewusstes Atmen dagegen macht uns fitter und wirkt gegen Stress – beim Sport wie im Alltag.

Atmen ist Leben. Der Atem ist unser Lebensbegleiter. Wir können einige Zeit ohne Nahrung, Wasser und Licht überleben – aber nur wenige Minuten ohne Luft. Für die Aufnahme von Sauerstoff sind unsere Atemorgane zuständig. Über die sogenannten Atemwege, also Nasenhöhle, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien, wird die Umgebungsluft in die Lunge, das eigentliche Atmungsorgan, transportiert. Hauptaufgabe der Lunge ist es, Sauerstoff ins Blut zu bringen und umgekehrt Kohlendioxid abzutransportieren. Hören wir auf zu atmen, werden unsere Organe nicht mehr versorgt – mit fatalen Folgen, allen voran für unser Gehirn, das ohne Sauerstoff nur wenige Minuten überleben kann.

Unbewusste und bewusste Atmung

Die natürliche Atmung ist äußerst variabel und abhängig von Atemfrequenz und Atemzugtiefe. Sie gleicht sich beinahe sekündlich den Anforderungen unseres Körpers an, egal ob wir schlafen oder laufen. Das geschieht automatisch über Nervenzellen im Hirnstamm, das „Atemzentrum“. Trotzdem können wir diese Atemregulation bewusst beeinflussen und trainieren. Und damit leistungsfähiger, konzentrierter und ausgeglichener werden.

In dieser 15-minütigen Atempraxis von Yogalehrerin Petra Zink trainieren wir unser Atemvolumen und bringen tiefe Stille in unseren Geist.

Denn unsere Atmung beeinflusst beispielsweise unsere Entspannung und den Stresslevel. Oder auch unsere motorische Kontrolle, die Kraftentwicklung und die Regeneration. Ob wir langsam oder schnell, flach oder tief atmen, macht dabei einen großen Unterschied.

Eine tiefe und bewusste Atmung ist gut für Konzentration und Ausgeglichenheit. Ein Weg dorthin führt über Yoga. Foto: Alix von Melle

Atmungsarten

Es gibt drei Hauptarten des Atmens: Die Bauchatmung (Zwerchfellatmung), die Brustatmung und die Lungenspitzenatmung (Schlüsselbeinatmung) – siehe Kasten. Da die Bauchatmung die größte Belüftung der Lunge ermöglicht, wäre es logisch, dass wir diese Grundatmung ständig anwenden. Tatsächlich atmen die meisten Menschen im Alltag jedoch in die Brust oder auf der Ebene der Schlüsselbeine. Und nutzen damit nur etwa ein Drittel des möglichen Atemvolumens. Unnötig schnelles und flaches Atmen ist dann das Resultat, was unter geistiger oder körperlicher Belastung rasch zu Atemnot führen kann. Dabei ist die Bauchatmung viel effektiver und mit etwas Übung einfach zu verinnerlichen.

Drei Arten von Atmung

  1. Bauchatmung: Beim Einatmen zieht sich das Zwerchfell zusammen, bewegt sich nach unten gegen die Unterleibsorgane, drückt dabei den Bauch nach außen und führt die Luft tief in den unteren Teil der Lunge. Beim Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell und der Bauch bewegt sich nach innen zurück. Dabei entsteht ein sanfter Druck gegen den unteren Lungenrand und die Luft wird herausgepresst.

  2. Brustatmung: Die Lungen füllen sich, indem die Rippen nach außen gedehnt werden. Beim Einatmen wird der Brustkorb gedehnt und bewegt sich nach oben und außen. Beim Ausatmen verengt sich der Brustkorb, die Rippen senken sich nach unten und innen. Dies geschieht mit Hilfe der sogenannten Zwischenrippenmuskeln.

  3. Lungenspitzenatmung (Schlüsselbeinatmung): Die Atemhilfsmuskeln (Muskeln der Hals- und Brustmuskulatur) an den Schlüsselbeinen heben den Brustkorb etwas nach oben und weiten ihn.

Sind wir entspannt und benötigen nicht viel Sauerstoff, atmen wir mit dem Bauch ein und aus (Primäratmung): einatmend Bauch hinaus, ausatmend Bauch hinein. Benötigen wir etwas mehr Luft, atmen wir mit derselben Technik vollständig aus und sanft ein. Dabei ist es wichtig, der Ausdehnung des Zwerchfells möglichst viel Platz zu geben. Unter körperlicher Belastung reicht die Menge an Sauerstoff so noch immer nicht aus. Dann gilt es, auch die Brustatmung (Sekundäratmung) zu integrieren: einatmend Bauch und Brust hinaus, ausatmend Brust und Bauch hinein. Bei Spitzenbelastungen muss auch die Lungenspitzenatmung (tertiäre Atmung) hinzugenommen werden: Hier gehen der Bauch und die Brust und zum Schluss auch die Schlüsselbeine hinaus, so dass die gesamte Lunge bis in die Spitzen mit Sauerstoff gefüllt wird.

Mund oder Nase?

Selbst leichtes Joggen oder Treppensteigen kann unseren Sauerstoffbedarf derart erhöhen, dass wir nach Luft schnappen müssen. Und die meisten Sportler*innen, die an ihre Grenzen gehen, atmen schnell und schwer durch den offenen Mund. Logisch, durch die Nase bekommen wir nicht genügend Luft, oder? Ein Trugschluss, denn das Atmen durch die Nase führt im Vergleich zur Mundatmung zu einer um 10-15 Prozent höheren Sauerstoffsättigung des Blutes. Das bedeutet, dass unsere Organe besser mit Sauerstoff versorgt werden und wir mehr Energie haben. Nasenatmung während großer Anstrengung erfordert allerdings Übung und Training! Ein Weg dorthin kann über Yoga führen: Hier wird konsequente Nasenatmung gezielt praktiziert, weshalb es sehr gut dafür geeignet ist, sich intensiv mit den richtigen Atemtechniken auseinanderzusetzen und sie zu trainieren.

Atemübung zum Entspannen

Viele Menschen atmen im Alltag kurz und flach durch den Mund in den Brustkorb und nicht in den Bauch. Das kann zu Atemnot, Konzentrationsschwierigkeiten, bis hin zu Stressreaktionen führen. Dann hilft folgende Übung:

  • Atme in aufrechter Körperhaltung mit der Bauchatmung (s. oben) in langsamen und tiefen Zügen durch die Nase ein (je nach Anstrengung bis zu 4 Sekunden).

  • Halte einen Moment die Luft an (1 bis 2 Sekunden).

  • Atme in einem langen Atemzug so lange wie möglich durch den Mund aus (je nach Anstrengung bis zu 7 Sekunden).

  • Wiederhole diese Übung ca. 10-mal. Dabei kommen Herzschlag und Atmung zur Ruhe.

Atmung und Ausdauer am Berg

Achttausender-Bergsteigerin Alix von Melle: Zu ihrer Taktik gehört neben ausreichender Akklimatisierung auch die Atemtechnik. Foto: Alix von Melle

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit beim Ausdauersport ist die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2max). Diese wiederum hängt von der Leistungsfähigkeit unseres Herz-Kreislauf-Systems und unserer Atemorgane ab. Hier kommt die Atemtechnik ins Spiel: Die bewusste Mehratmung (Hyperventilation) ist der Schlüssel zum Erfolg. Aktives Ausatmen von Kohlendioxid erhöht den Sauerstoffdruck in den Lungenbläschen, dadurch verbessert sich die Sauerstoffversorgung im gesamten Organismus. Eine besonders große Rolle spielt die Atmung beim Höhenbergsteigen, weil der Sauerstoffgehalt in der Luft mit steigender Höhe rapide abnimmt. Bereits auf einer Höhe von fünftausend Metern beträgt der Sauerstoffpartialdruck der Umgebungsluft nur noch halb so viel wie auf Meereshöhe. Aber auch schon ab etwa 1500 Meter Höhe reagiert der Körper auf den Sauerstoffmangel automatisch mit einem Anstieg der Atemfrequenz. Wichtig ist dabei: Die erhöhte Atemfrequenz sollte den Schrittrhythmus regeln, nicht umgekehrt!

Je nach Höhe, Steilheit des Geländes und Akklimatisationszustand sollten wir (bis etwa 5000 Meter Höhe) zwischen den beiden folgenden Schrittrhythmen wählen können:

  • Ein Schritt Einatmen – Zwei Schritte Ausatmen (Akklimatisation)

  • Ein Schritt Einatmen – Ein Schritt Ausatmen

In unschwierigem Gelände ist dieser Rhythmus mit etwas Übung bei geschlossenem Mund, also reiner Nasenatmung, bis zu etwa 5000 Meter Höhe möglich. Wird das Gelände steiler oder schwieriger, muss das Schritttempo entsprechend verlangsamt werden, um auch in Steilstücken weitergehen zu können, statt immer wieder stehenbleiben und nachatmen zu müssen. Im noch nicht ausreichend akklimatisierten Zustand und in extremen Höhen gibt es in schwierigen Passagen eine weitere wirksame Methode: Bewusst forciert atmen, das heißt durch den offenen Mund heftig und möglichst tief ein- und kräftig ausatmen.

Und was beim Höhenbergsteigen gut funktioniert, kann auch in den moderaten Höhenlagen der Alpen nicht schaden.

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