Ein älteres Paar macht beim Wandern eine Pause auf einem Stein. Sie schauen sitzend in die Abendsonne.
Ob im Flachland, im Mittel- oder Hochgebirge: Wer regelmäßig etwas für Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit tut, kann beim Wandern lange Freude haben. Foto: AdobeStock
Bergsport im Alter

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Bergsport ist auch für ältere Semester in vielerlei Hinsicht gesundheitsförderlich. Vorausgesetzt, sie beachten einige grundlegende Dinge.

Grundsätzlich sind normale, alterstypische Organveränderungen von speziellen Erkrankungen wie Herzinfarkt, Arthrose, Diabetes oder anderen chronischen Erkrankungen zu unterscheiden, die einen im Alter mit zunehmender Wahrscheinlichkeit treffen können. Wenn es überhaupt „Bergsport-Verbote“ gibt, dann sind sie in letzteren Fällen berechtigt, also beispielsweise keine Höhen über 2000 Meter bei einer schweren chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.

Ansonsten gibt es aus medizinischer Sicht keine generellen Altersbeschränkungen für die verschiedenen Spielarten am Berg, die meisten Senior*innen verlegen sich allerdings mit zunehmendem Alter auf das Bergwandern. Es ist deshalb wenig verwunderlich, dass dies die einzige Bergsport-Disziplin ist, bei der die über 60-Jährigen mit Abstand ganz vorne in der alpinen Unfallstatistik liegen. Rund ein Viertel aller Unfälle und über die Hälfte aller Todesfälle beim Wandern sind durch Herz-Kreislauf-­Probleme verursacht! Leider wird dadurch der in allen anderen Bergsportarten bestehende positive Effekt der bergsteigerischen Erfahrung auf das Unfallrisiko beim Wandern völlig relativiert. 

Sommers wie winters – bei Bergtouren können die Leistungsreserven schnell verbraucht sein. Foto: AdobeStock

Nachlassende Organ- und Muskelleistung 

Generell sind alle Organe von altersspezifischen Veränderungen und der damit einhergehenden Abnahme der Leistungsfähigkeit betroffen: Zwischen dem 20. und 70. Lebensjahr sinkt das Lungenvolumen durchschnittlich um ca. 40 Prozent, die maximale Sauerstoffaufnahme des Blutes um etwa die Hälfte, die Zahl der Nierenkörperchen um rund ein Drittel. Die bedeutendste Veränderung für Bergsportler ist allerdings die nachlassende Muskelkraft: Die Muskelmasse nimmt in diesem Zeitraum um nahezu die Hälfte ab, die Knochenmasse in etwas geringerem Maße.

Dass gegen den Muskelschwund nur regelmäßige Bewegung hilft, ist nichts Neues; weniger bekannt ist allerdings, dass dafür reines Ausdauertraining wie Joggen oder Walken nicht ausreicht. Man muss schon echtes Krafttraining betreiben, ob im Fitnessstudio oder in der Kletterhalle, um die Muskulatur zu erhalten oder eine Zunahme zu bewirken – optimalerweise in Kombination mit Beweglichkeitsübungen und Ausdauertraining. Häufig wird bei Letzterem nach der Puls-Obergrenze gefragt, insbesondere im Zeitalter von Pulsuhren und Fitness-Apps; selbstverständlich lässt sich der Puls auch ganz altmodisch ertasten.

Für den maximalen Puls gelten folgende Richtwerte, von denen man jeweils das Lebensalter abzieht: 180/Minute für Untrainierte, 200/Minute für Trainierte; die häufig angegebenen 220/Minute gelten nur für Belastungsspitzen. Bei neu auftretenden Pulsunregelmäßigkeiten oder Herzstolpern sollte man allerdings die Tour oder das Training beenden und medizinischen Rat einholen. 

Tourenplanung 

Es klingt banal und gilt am Berg eigentlich nicht nur im Alter: Entscheidend ist eine sorgfältige und an die individuelle Leistungsfähigkeit angepasste Tourenplanung. Welche Höhendifferenz und Entfernung ist zu bewältigen? Wie viel Zeit brauche ich oder das schwächste Gruppenmitglied dafür normalerweise? Außerdem sollte man regelmäßig Pausen in ausreichender Länge (mindestens 10–20 Minuten) und einen großzügigen zeitlichen „Sicherheitszuschlag“ einplanen, denn es sind tückischerweise die Leistungsreserven, die als Erstes nachlassen.

Bei jüngeren Senior*innen betrifft das hauptsächlich die muskuläre Leistungsfähigkeit: Im niederschwelligen Ausdauerbereich ist sie ungebrochen, Probleme treten wegen fehlender Reserven erst bei Spitzenbelastungen auf. Im höheren Alter kann es zu abnehmender Koordinations- und Orientierungsfähigkeit oder nachlassender Sehschärfe kommen, so dass schlechte Sicht- oder Wegverhältnisse die Zeitplanung unvorhergesehen durcheinanderbringen können. Nach größeren Touren und vor allem bei Mehrtagesunternehmungen sind ausreichende Erholungszeiten oder Pausentage einzuplanen. 

Fit im Alltag und auf Tour 

  • Regelmäßig einen Gesundheits-Check durchführen lassen 

  • Pulsunregelmäßigkeiten abklären lassen 

  • Regelmäßig Krafttraining absolvieren und mit Beweglichkeitsübungen und Ausdauersport kombinieren

  • Auf eine ausreichende und ausgewogene Eiweißzufuhr achten und ausreichend trinken 

  • Touren sorgfältig und der Leistungsfähigkeit angepasst planen – Zeitreserven einplanen 

  • Auf Tour alle ein bis zwei Stunden kleine Mahlzeiten zu sich nehmen und genügend trinken – auch ohne Durstgefühl

Richtig essen und trinken 

Grundsätzlich ist der Energiebedarf im Alter vermindert, paradoxerweise gilt aber für die Ernährung am Berg keineswegs Zurückhaltung: Aufgrund der geringeren Speicher in Leber und Muskeln hat der Körper den wichtigen Brennstoff Glykogen nur beschränkt zur Verfügung; bei Belastung kommt es dadurch schneller zum Leistungsabfall (umgangssprachlich Unterzucker).

Dazu kommt, dass das Hungerempfinden im Alter generell abnimmt. Deshalb sollte man im höheren Alter während der Belastung regelmäßig, etwa alle ein bis zwei Stunden, kleine, kohlenhydratreiche Mahlzeiten wie Früchteriegel, Trockenfrüchte oder Getreideprodukte zu sich nehmen. Wer unter Muskelschwund leidet oder generell regelmäßig Krafttraining betreibt, sollte auf eine ausreichende Versorgung mit hochwertigem Eiweiß achten: Am besten dreimal täglich jeweils etwa 25 bis 30 Gramm in Form von Milch und Milchprodukten, magerem Fleisch, Fisch, Eiern oder Hülsenfrüchten. Energieriegel mit hohem Eiweißanteil sind überflüssig bis kontraproduktiv. Auch wenn uns in den Medien ein völlig anderer Eindruck vermittelt wird, sind bei ausgewogener Ernährung für ältere Bergsportler*innen keine zusätzlichen Nahrungsergänzungsmittel erforderlich. Die einzige Ausnahme sind nach derzeitigem ernährungsmedizinischem Stand Vitamin D3, in höherem Alter gegebenenfalls noch Vitamin B12 und Folsäure – im Zweifelsfall ärztlichen Rat einholen!

Da im Alter die Nierenfunktion abnimmt, sinkt ihre Entgiftungsfunktion, erschwert wird das Ganze durch das ebenfalls bei älteren Menschen deutlich reduzierte Durstempfinden. Flüssigkeitsverluste bei Hitze, Schwitzen oder trockener Luft können deshalb schlechter ausgeglichen werden, was sehr schnell zu Überhitzung, Blutverdickung oder Elektrolytstörungen führen kann. Typische Zeichen sind Leistungsabfall, Überhitzung, erhöhter Puls und dunkler Urin. Deshalb immer genug Trinkvorräte auf die Tour mitnehmen und unabhängig vom Durstgefühl regelmäßig trinken. Auch wenn die benötigte Trinkmenge individuell variiert und sehr von den äußeren Bedingungen abhängt, muss man bei Ausdauerbelastung ohne sichtbaren Schweiß von einem viertel bis halben Liter Verlust pro Stunde ausgehen, der auszugleichen ist. Dafür sind alle herkömmlichen Getränke wie Saftschorle, Tee oder Mineralwasser geeignet – isotonische Sportgetränke sind nicht notwendig. 

Mit der Seniorengruppe beim Hallenklettern. – Klettertraining erhält und steigert die Muskelkraft. Foto: DAV/Julian Rohn

Alter ist kein Schicksal 

Der weitverbreitete Eindruck, dass man im Alter der Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit schicksalshaft ausgeliefert ist, täuscht: Wer regelmäßig Ausdauer, Muskelkraft und Beweglichkeit trainiert, kann seine Fitness nicht nur erhalten, sondern im Idealfall sogar verbessern. Natürlich sind die individuellen Unterschiede groß und auf lange Sicht gesehen lassen sich die physiologischen Alterungsprozesse nicht aufhalten. Aber den Bergsport aufgeben muss deshalb niemand.